Vormundschaft 02

Telefonsex mit ECHTEN Frauen: Zusätzlich mit Kamera Funktion möglich!

Die Welt der Cathérine Ferrer soll Verbindungen mit inzestuösem Charakter in einer Welt mit mittelalterlichem Anstrich und entsprechend starken Tabus erkunden – und dies im Gegensatz zu der freien Welt der Catherina Mueller. In Teil 1 wurden ihre Welten beschrieben.

*

Die Vormundschaft – Teil 2

Was bisher geschah

Catherina Mueller war Absolventin des deutsch-französischen Studienganges in Soziologie. Sie selber hatte seit einem Jahr eine der extrem seltenen Vollzeitstellen als Doktorandin und pendelte zwischen den beiden Universitäten von Saarbrücken und Metz hin und her.

Im Jahr 2048 hatte sie eine sehr gute berufliche Zukunft vor sich, denn eine Vollzeitstelle war praktisch die Garantie für eine Stelle als Dozentin oder Professorin.

EIS Werbung

Cathérine und sie hatten die gleichen Eltern, aber sie lebten in parallelen Welten. Die achtundzwanzigjährige Catherina Mueller hatte eine eigenartige Ahnung, dass sich vieles für sie persönlich ändern würde, sobald sie das Jahr 2053 erreichen würde. Das Jahr, in dem ihr Alter Ego Cathérine Ferrer ihre Selbständigkeit verlieren würde.

Und diese bizarre Ahnung verstärkte noch ihren Verdacht, dass sie schizophren war oder schlimmer noch, an multiplen Persönlichkeiten litt.

Gräfin Cathérine Ferrer, geborene Mueller, war gestresst wegen ihrer aktuellen Situation im Jahr 2053. Ihr Ehemann galt seit nun bald zehn Jahren als vermisst, was ihr einen für eine Frau im streng katholisch ausgerichteten Catalunya beachtlichen Freiraum ermöglicht hatte. Sie war eine der wenigen Frauen, die als Vormund ihres minderjährigen Sohnes Vermögensverwaltung betreiben konnte.

Die meisten Frauen hatten im Gegensatz dazu einen Vormund.

Gräfin Cathérine Ferrer war mit gut 33 Jahren an der Wasserscheide angekommen. Die Grafschaft von Perpignan hatte, wie die allermeisten der katholisch orientierten Kleinstaaten in Frankreich und Spanien, eine rein männliche Erbfolge in den Statuten verankert. Bisher hatte sie für ihren bis dato siebzehnjährigen Sohn Jean-Marie Baptiste die Vormundschaft, da ihr Mann nach einem Jahr Abwesenheit als offiziell vermisst galt. So hatte sie seit bald neun Jahren eigene Entscheidungen treffen können, auch wenn ihr Sohn diese auf dem Thron sitzend nach außen vertrat.

Aber er wurde jetzt volljährig und alles änderte sich. Der grausame Herzog würde sie heiraten wollen — und dem wollte sie entkommen.

Catherina Mueller tauscht mit Hilfe eines magischen Ringes mit Gräfin Cathérine Ferrer die Welten und die Zeit. Catherina taucht damit in das Jahr 2053 und in eine religiös bestimmte Welt ein, die ihr fremd ist. Wegen ihrer extremen Ähnlichkeit mit Cathérine hält sie der Herzog für diese, obwohl sie sich als deren jüngere Schwester Cathleen ausgibt.

Er vermutet, dass sich Cathérine ihm auf diese Art entziehen will, weil er sie unbedingt wegen Machtzuwachs heiraten will. Das ergibt Verwicklungen!

Die Gleichartigkeit der Fingerabdrücke von Catherina und Cathérine bringen die junge Frau in Schwierigkeiten, weil weder der Herzog noch der inquisitorische Bischof ihr die Identität als jüngere Schwester abnehmen. Sie können ihr die falsche Identität zwar nicht zwingend beweisen, aber Catherina kann es auch nicht völlig entkräften. In diesem Patt hat der Bischof einen teuflischen Plan, um sie zu zwingen, ihre Identität als Gräfin Cathérine Ferrer zuzugeben.

Er ist sich sicher, dass der Sohn seine Mutter, für die er Catharina hält, nicht heiraten wird.

Der Bischof will den Vormund von Cathleen offiziell um die Zustimmung zur Heirat bitten. Für Cathleen wäre das ein gewaltiger gesellschaftlicher Aufstieg, also kann Catherina in dieser Welt nicht nein sagen. Für den zweifelnden Sohn ist es mehr als eine Gewissensentscheidung. Die Anfrage an den Vormund würde jedoch die angenommene Identität von Catherina auffliegen lassen.

Die Kündigung von Floria zum nächsten Tag ließ mich grübeln. Da steckte mehr dahinter. Ich hatte den Verdacht, dass dieses im ‚Visier haben‘ bedeutete, dass sie unter Beobachtung stand. Und damit stand zu vermuten, dass es auch im gräflichen Haushalt Spione des Herzogs und oder des Bischofes gab. Das machte alles nicht einfacher.

Zum Abendessen würde ich darauf achten, dass meine kastanienbraunen Haare auch weiterhin in einem Dutt hochgesteckt blieben und ganz sicher nicht meine Ohren bedeckten, wies bei Cathérine der Fall gewesen war.

Ich wollte jede Ähnlichkeit soweit wie möglich vermeiden – alles was den Vermutungen des Bischofs oder des Herzogs Nahrung gab, war nicht hilfreich. Die Zofe Floria teilte meine Ansicht.

Das ‚Abendessen‘ erwies sich als veritables Festbankett! Ich zunächst überrascht, dann war es mir klar. Natürlich, die offizielle Ernennung zum Grafen wurde gefeiert. Ich wurde offiziell vorgestellt und bekam einen Ehrenplatz ganz in der Nähe vom Grafen. Links und rechts von ihm saßen zwei Ehepaare mittleren Alters, deren Männer mir jeweils als Barone der Grafschaft vorgestellt wurden.

Sie blinzelten leicht überrascht, aber verhielten sich neutral.

Der lokale Wein war herausragend – kein Vergleich mit den wenig komplexen Erzeugnissen der Winzer aus dem Perpignan meiner Zeit. Der Niedergang des weltweiten Handels und der Technik in dieser Welt hatte dem Klima in punkto globaler Erwärmung gut getan — dem Klima menschlicher Toleranz jedoch weit weniger geholfen. Die Barone echauffierten sich zu gleichen Teilen über die ‚Gottlosen‘ von Marseille und die islamischen Nachbarn südlich von Katalonien.

Ich hatte das Echo dieser Meinungen jeweils in den Träumen über Cathérine wahrgenommen, aber es war doch anders dies ‚live‘ zu erleben.

Nach dem lang andauernden Essen spielten Musiker beim Kaffee nach dem Essen auf. Es war erkennbar, wie dieser Luxus geschätzt wurde. Ein richtiger Espresso war durch den beschränkten Handel zu einem Luxus-Artikel geworden.

Es gab zunächst eine Vorführung von lokalen Tänzen durch eine Gruppe in traditionellen Kostümen.

Dann eröffnete Jean-Marie den Reigen, indem er mich aufforderte. Das überraschte mich zuerst, aber ich war ja seine nächste Verwandte an diesem Ehrentag für ihn. Es war ein gemächlicher Walzer, der dazu gedacht war, sukzessive auch die anderen Paare auf die Tanzfläche zu holen. Ich war angenehm überrascht, dass Jean-Marie durchaus zu führen wusste. Das gehört wohl zu seiner adligen Erziehung. Die Gäste seiner Feier waren durchaus ausdauernd. Das sowohl im Hinblick auf Tanzen als auf den Konsum vom Wein.

Mitternacht näherte sich allmählich.

Entsprechend dem Rat von Floria zog ich mich nicht zurück, bevor die beiden Barone und ihre Frauen gegangen waren. Jean-Marie tanzte mit allen Frauen an seinem Tisch. Floria hatte mir erklärt, dass dies dem Protokoll entspreche. So wunderte es mich auch nicht, dass auch die beiden Barone mich zum Tanz aufforderten.

Baronin Julia unterhielt sich ab und zu mit mir.

Sie war ganz erstaunt, dass ich in meinem Alter noch nicht verheiratet war, obwohl sie aus Höflichkeit dieses Erstaunen zu verbergen versuchte. Dasselbe äußerte ihr gegenüber am Tisch, die Baronin Veronique. Es dämmerte mir, dass die Idee des Bischofes mich zu verheiraten in dieser Welt durchaus naheliegend war für eine unverheiratete Frau meines Alters. In dieser Zeit war ich wohl mehr als ein spätes Mädchen und schon eher bald eine alte Jungfer!

Später begannen die beiden Frauen sich angeregt über Kindererziehung sowie über die Probleme von Kindbettfieber und Kindersterblichkeit zu unterhalten.

Ich erinnerte mich dunkel, in den Träumen über Cathérine das Fehlen von effektiven Antibiotika in dieser Welt registriert zu haben.

Die Konsequenzen hiervon waren mir allerdings nicht so klar gewesen. Infektionskrankheiten waren wieder ein großes Thema in dieser Welt. In den Träumen hatte ich mich darüber gewundert, dass die Frauen in Cathérine Träumen häufig vier bis fünf Kinder hatten. Das wurde nun klarer. Auch der deutlich erkennbare Respekt gegenüber dem Doktor Brenner hatte wohl seinen Grund darin, dass Krankheitsrisiken damit hier erheblich höher waren als in meiner Zeit.

Ich war erleichtert, als ich mich endlich zurückziehen konnte. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Ich konnte nur hoffen, dass Cathérine es schaffen würde, mir innerhalb von 14 Tagen den Rücktausch in meine Welt zu ermöglichen. Ich war es nicht gewöhnt, als exotisch zu gelten. In meiner Welt war es durchaus normal, mit 28 Jahren unverheiratet zu sein. Und ich war es nicht gewöhnt, an tödliche Risiken durch Infektionskrankheiten zu denken.

Mit einem Wort, diese Welt war mir sehr fremd, auch wenn ich alle diese Träume gehabt hatte.

Es war ein Segen, endlich ins Bett gehen zu können. Die Zofe Floria half mir dabei zum voraussichtlich letzten Mal. Sie bedauerte noch einmal, mir nicht weiterhelfen zu können, aber es wäre einfach zu gefährlich für sie. Dann warnte sie mich in verdeckter Form über die neue Zofe, aber das begriff ich zunächst noch nicht.

Erst später sollte ihre Warnung mir noch einmal bewusst werden.

Ich wachte wieder einmal desorientiert auf. Dieser seit einem Jahr wiederkehrende Traum belastete mich mehr und mehr. Es war doch verrückt, was ich alles träumte. Halt — es war kein richtiger Traum! Ich hatte vorgestern Cathérine in Fleisch und Blut gesehen. Und heute hatte ich davon geträumt, wie sie in meiner Welt in Montpellier bei meinem Freund angekommen war. Allerdings war dieser Traum sehr viel unklarer und diffuser gewesen, als es vorher bei meinen Träumen der Fall gewesen war.

Konnte es sein, dass ich in Cathérines Welt ‚anders‘ träumte?

Sie hatte ihm gar nicht erst meine Notiz gezeigt, als er unwirsch reagiert hatte, weil sie mitten in der Nacht bei ihm geklingelt hatte. Ihren ersten Versuch einer Erklärung hatte er sofort beiseite gewischt und sich darüber beschwert, dass sie schon vor zwei Tagen so merkwürdig reagiert hätte.

Schlaftrunken hatte er sie aufgefordert, sich neben ihm ins Bett zu legen und war dann sofort wieder eingeschlafen.

Sie hatte zunächst gezögert, aber hatte sich dann eines meiner Nachthemden angezogen und neben ihm ins Bett gelegt, dabei aber ihre Unterwäsche angelassen. Ich verspürte einen Stich in meinem Herzen, als sie sich so selbstverständlich neben meinen Freund legte.

Sie hatte tief geschlafen, und war am Morgen nicht richtig aufgewacht. Es war sehr konfus, ob sie noch immer träumte oder nicht. Jedenfalls war es ihr nicht zunächst nicht klar. Ich hatte eher ein beklommenes Gefühl, als sie sich im Traum vorstellte, wie sie noch schlaftrunken war, als Robert sie einfach nahm, ohne ihr Höschen auszuziehen.

Eigentlich war es gar nicht ‚ihr‘ Höschen, sondern meines. Ich wusste es war kein Traum, weil er diese Art des Eindringens so sehr liebte! Es machte ihn an, sich mit seinem Steifen unter den Saum des Höschens zu zwängen und sich dann reinzudrängen. Und es wunderte mich nicht, als er in ihrem Traum sich dann lustvoll bewegte. Aber es erstaunte mich reichlich, als sich für einige Momente das Bild des Gesichtes von dem jungen Jean-Marie sich über das reifere von Robert legte.

Hatte Cathérine das wirklich gesehen oder war es meine interne Zensur, weil ich selber Roberts Gesicht nicht sehen wollte, wie er sie besaß? Es war irritierend. Sie konnte doch nicht ‚dabei‘ an ihren eigenen Sohn denken, oder? Ich war verwirrt, als ich diese intensiven Sekunden in ihrem Traum erlebte. Bald danach ergoss er sich in ihr und ich war seltsam eifersüchtig.

Sie schlief wieder kurz ein und als sie richtig erwachte, da war es Cathérine nun doch klar.

Es war kein Traum gewesen. Die weißen Spuren des zähflüssigen Samens in ihrer Unterwäsche waren zu eindeutig, um weiter an einen Traum glauben zu können.

Für Momente war sie geschockt, aber sie hatte sich wieder im Griff, als ihr einfiel, dass es nicht ihre fruchtbaren Tage waren. Cathérine wurde feucht bei dem Gedanken an die morgendliche Überraschung — es war lange her, seit Cathérine einen virilen Mann in sich gespürt hatte.

Es dauerte einige Sekunden, bis ich selber es begriff. Ich musste auf Erinnerungen an andere Träume über Cathérine zurückgreifen. In ihrer Welt gab es keine Pille, zumindest nicht in Katalonien. Und selbst wenn es sie gegeben hätte, in dieser streng katholischen Region war der Gebrauch von jeder Art von Verhütungsmitteln strikt verboten. Plötzlich war ich heilfroh, dass mein Vaginalring mich noch für gut drei Wochen schützen würde. Bis dahin würde ich hoffentlich wieder zurück in meiner Welt sein.

Mir wurde klar, aus welchem Grund noch Cathérine es nicht riskiert hatte, sich mit potentiellen Liebhabern einzulassen. Männer in ihrer Welt hätten wohl bestenfalls den sehr unsicheren Koitus interruptus akzeptiert und sie selber hätte nur die ebenfalls fragliche Knaus-Ogino Methode bzw. andere natürliche Verhütungsmethoden nutzen können. Ich erfasste zum ersten Mal so richtig, was eine Welt ohne die mir so vertrauten Möglichkeiten der Geburtenkontrolle bedeutete. Natürlich hatte ich in den Träumen über Cathérine diesen Gedanken schon einmal gestreift, aber es war so wie das Lesen in einem Geschichtsbuch gewesen, ohne jedwede emotionale Beteiligung.

Mit meiner Gegenwart in dieser Welt änderte sich das drastisch.

Entweder hatten mich diese Gedanken von dem Traum über Cathérine abgelenkt oder die Verbindung zu den Träumen war von dieser Welt aus bedeutend schlechter. Jedenfalls hatte ich keine Ahnung, dass Cathérine den ganzen Tag über gemacht hat. Nur den späten Abend hatte ich einen vagen Eindruck, dass es eine Diskussion zwischen Robert und ihr gegeben hätte. Aber es war, als ob ich sämtliche Worte dieser Diskussion einfach vergessen.

Vielleicht auch deswegen, weil sie kurz danach beide ins Bett gingen…

Ich war froh, als mich ein Ruf von Floria zum Frühstück rief. Sie verabschiedete sich noch einmal nett von mir und stellte mir Colette als meine potentielle, neue Zofe vor. Colette sah wie die typische Spanierin aus dem Bilderbuch aus: schwarzes, glänzendes Haar und dunkelbraune Augen sowie den typischen mediterranen Hauttyp. Sie war klein und zierlich und hatte einen wachen Ausdruck auf ihrem Gesicht.

Mir blieb keine andere Wahl als sie als Zofe zu nehmen, denn ich kannte hier ja noch gar keine Leute. Außerdem vertraute ich Floria.

Als ich durch die Tür ins Speisezimmer eintreten wollte, wäre ich fast in den jungen Grafen hineingerannt. Sein Gesicht quasi in Großaufnahme rief mir sofort den Traum über Cathérine zurück. Ich war prompt etwas verlegen, was sich noch steigerte, als er eindringlich seine Hand auf meine linke Schulter legte und mir nachdrücklich ans Herz legte, ihn doch in seinem Studienzimmer zu besuchen wegen des Boten.

Die gestrige Unterhaltung kam mir wieder in den Sinn und mein Frühstück fiel kurz aus. Das Thema war extrem wichtig. Ohne das Wegschicken des Boten wurde entweder der Bischof oder der Herzog die Initiative ergreifen und den Boten an den Vormund der echten Cathleen schicken. Das wäre natürlich die Katastrophe, denn meine falsche Identität als Cathleen würde sofort nach der Rückkehr des Boten auffliegen. Die Idee von Jean-Marie selber einen Boten zu schicken, der natürlich nicht nach Metz gehen würde, versprach zumindest ein temporäres Entkommen aus dieser prekären Situation.

Leider war die Antwort der Gräfin von Metz auch schon vorschattiert – glaubwürdig würde nur die Zustimmung zu meiner Heirat sein. Alles andere würde in dieser Welt sofort Zweifel säen, weil solch ein gesellschaftlicher Aufstieg nicht ausgeschlagen werden konnte. Für eine 28-jährige junge und ledige Dame aus mit adliger Herkunft aber ohne Titel war die Heirat mit einem auch noch so jungen Grafen eine glänzende Möglichkeit, die kein verantwortungsvoller Vormund ausschlagen würde. Mir schmeckte das Frühstück nicht mehr so recht, weil ich Angst bekam, ob der Bote zu schnell zurückkommen würde.

Seufzend machte ich mich auf den Weg in das Studierzimmer des jungen Grafen. Ich klopfte an und trat ein. Er führte mich zu einem Stuhl an dem kleinen Tisch vor dem Wandspiegel und zog ihn heraus, aber wartete noch einen Moment. Er sah mich nachdenklich an:

„Bist du immer noch damit einverstanden, dass wir meinen Freund als Boten schicken, Cathi? Wenn die Fälschung der Unterschrift der Gräfin erkannt wird, dann wirst Du einer Befragung durch die Inquisition ausgesetzt.

Weiterhin wird der Herzog fuchsteufelswild sein. Wenn Du hingegen jetzt zugibst, dass du nicht Cathleen bist, dann kannst du noch verhandeln…“

Ich sah ihn etwas fragend an, weil ich nicht ganz begriff, was er mit dem Verhandeln meinte. Statt einer Antwort griff er wortlos an meinen Hinterkopf und löste meine Haare so weit, dass sie meine Ohren bedeckten und meine Frisur ähnlich der von Cathérine aussah. Er deutete stumm auf den Spiegel.

Jetzt war meine Ähnlichkeit mit Cathérine frappierend deutlich.

„Weißt Du noch wie ich als knapp Fünfzehnjähriger Cathleen genannt habe? Das war damals in der Faschingszeit, als sie sich als Löwin verkleidet hatte?“

Dunkel kamen Erinnerungen über die Schwester von Cathérine in einem senffarbenen Kostüm als Löwin in mir hoch. Es musste aus irgendeinem weiter zurückliegenden Traum stammen. Es war in der Karnevalszeit, der einzigen Zeit des Jahres wo Haut gezeigt werden durfte.

Dann hatte ich plötzlich den Spitznamen ‚Cat‘ auf meiner Zunge, aber natürlich sprachlich ich es nicht aus. Er lächelte, als er offensichtlich eine Veränderung bei meinem Gesichtsausdruck erkannt hatte.

„Richtig, Cat habe ich sie genannt. Und wen habe ich in der Verkleidung als Catwoman mit Cathi angesprochen?“

Jetzt kam die Erinnerung rasch in mir hoch. Es war derselbe Traum von Cathérine. Ihre Schwester Kathleen war so ausgelassen gewesen, dass sich auch Cathérine hatte überreden lassen, auch etwas über die Stränge zu schlagen und vergnügt zu feiern.

Sie hatte sich mit einem schwarzen, eng anliegenden Lederkostüm als Catwoman verkleidet. Jean-Marie war fasziniert von den beiden verkleideten Frauen gewesen, so war es jedenfalls in der Erinnerung von Cathérine.

„Und Du hast nicht widersprochen, als ich Dich mit Cathi angesprochen habe. Ich verstehe sehr wohl, dass Du Schwierigkeiten mit dem Herzog und dem Bischof hast. Also werde ich Dich nicht anders ansprechen, sondern nur mit Cathleen oder mit Cathi.

Natürlich wusste ich, was er dachte. Ich konnte ihm nur schlecht sagen, dass ich aus dem Jahre 2048 kam und seine Mutter inzwischen genau in diesem Jahr und in meiner Welt war. Ich hatte inzwischen genug Hinweise auf das Treiben der Inquisition erhalten, um nicht befürchten zu müssen, dass eine solche Aussage mich in dieser Welt automatisch zu einer Hexe stempeln würde. War Jean-Marie schon alt genug, um über solchen Verdächtigungen zu stehen? Ich wusste es nicht.

Und ich wagte es nicht, dieses Risiko einzugehen. Besonders nicht, da ich hoffentlich in 14 Tagen bereits wieder zurück in meiner Welt sein würde

„Jean-Marie, ich kann Dir zum jetzigen Zeitpunkt nicht alles frei erzählen, was meine Schwierigkeiten betrifft. Ich hoffe, Du verstehst das. Du bist ein guter Junge. Also, ich habe keine andere Möglichkeit, als für die nächste Zeit auf diesen Boten zu setzen. „

„Also gut, Cathi.

Ich schicke meinen Freund heute los. In gut einer Woche wird er wieder zurück sein. Dann wird es allerdings erst richtig losgehen. Ich kenne Deine Absichten nicht, und es ist sicherlich auch besser, wenn ich sie nicht kenne. “

Er sah mich leicht errötend an und es war sichtbar, dass er deutlich nervös und mehr als unruhig war. Er atmete tief aus und sprach aus, was er dachte:

„Plan B ist auf jeden Fall, das Aufgebot und die Hochzeit durchzuziehen, sobald der Bote zurückkommt.

Weder der Herzog noch der Bischof werden es wagen, quasi ihren eigenen Vorschlag zu durchkreuzen. Der Doktor und die Zofe könnten bereits zu vielen Leuten davon erzählt haben. Sie werden ihre eigene Glaubwürdigkeit nicht erschüttern. „

Das war natürlich nicht das, was ich wollte – weder für ihn noch für mich. Ich schüttelte langsam den Kopf und machte ihm klar, dass dies zu gefährlich war, weil die echte Cathleen nun einmal existierte.

Er schien zu überlegen und nickte dann:

„Cathi, wenn es Dir möglich ist, sag mir bitte vor der Rückkehr des Boten, was Dein Plan für Möglichkeit A ist. Auch für mich ist das alles nicht einfach, aber Deine Sicherheit geht vor allen anderen Belangen und hat die höchste Priorität. Ich habe da noch eine andere Idee. „

Er klang so gar nicht wie er selber. Das hörte sich alles schon bald nach diplomatischer Sprache an.

Na ja, es war sicherlich auch nicht sehr einfach für ihn. Es tat mir furchtbar leid, aber ich konnte ihm nicht helfen. Für mich hatte es die höchste Priorität, den Ring von Cathérine wieder zu bekommen.

„Jean-Marie, zunächst sollten wir einmal dafür sorgen, dass mein Computer sicher aufbewahrt wird. Inzwischen wissen schon zu viele Leute über dieses wertvolle Teil. „

Er nickte und informierte mich darüber, dass es so etwas wie einen Safe im Keller des gräflichen Palastes gebe.

Dort sollte ich das kostbare Stück aufbewahren. Für die wirtschaftliche Planung der Grafschaft wäre es nach seinen Worten unersetzbar. Es gäbe nur zu wenige Leute, die damit umgehen könnten.

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mit der neuen Zofe Colette meine Kleidung etwas zu vervollständigen. Verglichen mit meiner Welt war die Mode hier ziemlich retro und konservativ. Es war als ob die Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts wieder auferstanden wären.

Jean-Marie begleitete seinen Freund aus der Stadt heraus bis zur Grenze der Grafschaft. Er kam erst so spät wieder dass ich schon längst im Bett war.

Ich wachte am nächsten Morgen desorientiert auf. Es war doch bizarr, was ich alles träumte, aber diesmal war es ein echter Albtraum! Cathérine war in meiner Welt in Montpellier bei meinem Freund und hatte große Probleme. Sie hatte ihm meine Notiz gezeigt und er hatte ungläubig die Stirn gerunzelt, als sie ihm von der Grafschaft in Perpignan ihrer Zeit erzählt hatte.

Er hatte sie vor seinen Computer gesetzt und sie gebeten, ihm doch einmal auf der Landkarte zu zeigen, wo denn nun dieses Anwesen stehen würde, wo sie sich mit mir angeblich getroffen hatte. Natürlich hatte sie keine Ahnung gehabt, was sie mit dem Computer anfangen sollte und noch viel weniger, wie sie mit diesem Ding Landkarten produzieren sollte. Das hätte doch eigentlich als Beweis dienen soll, aber Robert nahm dies als Beweis für einen schizophrenen Schub! Ihre Erklärung, dass ich den Laptop in ihre Welt mitgenommen hätte und sie dafür mein Elektromobil benutzt hätte, kam ganz schlecht an.

Er rief sofort einen gut befreundeten Arzt an, der auch gleich kam. Cathérine konnte sich schlecht gegen die Untersuchung wehren, weil sie auf die Unterstützung von Robert angewiesen war. Wegen der identischen Fingerabdrücke und des identischen Muttermal bestand kein Zweifel in Roberts Augen, dass Cathérine mit mir identisch war. Er überredete den Arzt, eine Behandlung so diskret wie möglich durchzuführen. Er würde meine Universität um einen Sonderurlaub für mich bitten.

Für die Dauer von sechs bis acht Wochen würden Neuroleptika und starke Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Die arme Cathérine durfte die Wohnung nicht verlassen. Sie bekam sofort eine starke Beruhigungsspritze und wurde ins Bett verfrachtet.

Das war eine Katastrophe! Ich war total geschockt. Damit würde der Ring zumindest für sechs Wochen außerhalb meiner Reichweite sein. Jetzt waren es nicht nur rund zwei Wochen, die ich überbrücken musste, sondern bald zwei Monate! Das warf meine Pläne total über den Haufen.

Ich ließ mir noch rasch eine Tasse Tee bringen ans Bett bringen und fragte nach dem jungen Grafen, noch bevor ich mich anzog. Schnell neue Unterwäsche, den engen, eleganten Kostümrock in Taubenblau und eine dezente weiße Bluse, sowie Strumpfhose und die Pumps mit dem Absatz.

Das musste ich sofort mit ihm besprechen, noch vor dem Frühstück! Natürlich konnte ich ihm nicht von Robert erzählen oder darüber, dass seine Mutter wegen eines angeblichen schizophrenen Schubs behandelt wurde.

Ich konnte ihm nur erzählen, dass ich meine eigene Planung nicht vor zwei Monaten umsetzen könnte. Natürlich war das ein Problem, weil der Bote spätestens in zwei Wochen zurück sein würde und damit die Maschinerie in Gang setzen würde. Spätestens mit den Einladungen für die Hochzeit würde meine Identität als Cathleen auffliegen. Er hörte sich das alles relativ ruhig an, dann begann er zu sprechen:

„Cathi, gestern habe ich doch noch eine Idee gehabt.

Die kommt jetzt zum Tragen. Vor rund vier Jahren hast Du einmal ein paar Tage nach der rauschenden Faschingsfeier erwähnt, dass eine Zwillingsschwester es Dir ermöglichen würde, auch einmal aus Deiner Rolle als Gräfin heraus zu brechen. Aber das würde nur gehen, wenn sie gleichzeitig mit Dir da wäre. Nun, das kann man auch anders sehen. Du hast damals gesagt, Du hättest zwei Geburtsurkunden. Eine auf Französisch und eine auf dem lokalen Elsässisch. Die in dem lokalen Dialekt hat Deinen Vornamen nicht als Cathérine sondern als Katherina, so hast Du es mir jedenfalls gesagt.

Ist das nicht so?“

Dunkel stiegen Erinnerungen über dieses Dokument in mir auf. Irgendwann hatte ich über Cathérine geträumt, wie sie ihrer Situation als tugendsamer Witwe entkommen konnte. Ja, jetzt erinnerte ich mich. Aber wie sollte ich ihm das sagen? Ich konnte ja schlecht behaupten, dass ich das Versteck kannte, ohne zu sagen welche Verbindung ich zu Cathérine hatte. Seine Idee als solche war zwar nicht schlecht, sie würde es sowohl dem Bischof als auch dem Herzog unmöglich machen, meine Identität als falsch darzustellen.

Sie konnten in Metz per Brief anfragen – die Urkunde der Katherina Müller war offiziell und in Kopien erhältlich. Damals hatte Cathérine sogar als ersten Versuch eine Kopie einer Aufenthaltsgenehmigung für die freie Republik von Marseille von einer geflüchteten Katherina Müller aufbewahrt, in demselben Versteck, wo auch der Geburtsschein lag. Also passten die Dokumente gar nicht schlecht zu der Idee von Jean-Marie. Die Crux lag nur da drin, dass das geheime Versteck eigentlich nur seiner Mutter bekannt sein konnte.

Wie sollte ich ihm erklären, dass ich wusste wo die Dokumente lagen? Wenn ich nichts sagte, bestärkte das seine Vermutung, dass ich doch seine Mutter war oder wenn ich bestritt, seine Mutter zu sein, dann musste ich ihm erklären, wo ich herkam. Beides war nun nicht gerade angenehm zu erläutern. Ich wählte einen faulen Kompromiss:

„Jean-Marie, ich weiß es nicht sicher, aber wahrscheinlich befinden sie sich in dem Rahmen des Bildes im Ankleidezimmer.

Das Bild, das Dich bei der Kommunion zeigt. „

Er zog die Augenbrauen hoch. Natürlich war mir klar, dass ich keine eindeutige Antwort gegeben hatte. Es hatte aber den Vorteil, dass es eine ehrliche Antwort war. Früher oder später würde ich es ihm erklären müssen, wie es mit seiner Mutter stand. Es gab allerdings das Risiko, dass er dann ausrastete und ich als magische Hexe bei der Inquisition landen würde. Das war kein Szenario, das ich leichtfertig riskieren würde.

Insbesondere nicht, weil ich mit Cathérine und Robert gesehen hatte, wie schnell Irrtümer in folgenschweren Handlungen resultierten.

„Cathi, ich weiß zwar nicht, was das ‚nicht sicher‘ bedeutet, aber ich schlage vor, wir werden jetzt einfach mal nachschauen. Lass‘ uns in den Trakt der gräflichen Gemächer gehen. Geh Du voran!“

Ich spürte seinen Blick im Rücken und auf meinem engen Rock. Ich hätte nur zu gerne gewusst, was der junge Jean jetzt dachte.

Im geräumigen Ankleidezimmer nahm ich das Bild von der Wand. Beide Dokumente fanden sich tatsächlich im Ölbild versteckt. Er nickte:

„Cathi, ich weiß nicht sicher, ob der Bischof es schlucken wird, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er es tut, wenn Du Dich als Flüchtling von der gottlosen Zone ausgibst. Besonders dann, wenn Du Dich hier taufen lässt. Dafür hat er eine Schwäche. Alles andere passt so gut zusammen. Die Dokumente sehen echt aus und sind es wohl auch.

Das sollte reichen. Du bist weiterhin meine Tante, nur brauchst Du, anders als Cathleen, keine Genehmigung zum Heiraten. Ich brauche dann meinen Freund nicht Lügen erzählen lassen über Metz. “

Er musste wohl gemerkt haben, wie ich beim Wort ‚heiraten‘ leicht zusammengezuckt hatte, denn er beeilte sich hinzuzufügen, was er glaubte hinzufügen zu müssen:

„Natürlich nur pro forma, bis Du Deinen Plan A doch umsetzten kannst, Cathi.

Weder der Bischof noch der Herzog werden Dich oder den Laptop ausreisen lassen, aber wir können es ja trotzdem versuchen. „

Das war mir schon klar — und der Hoffnungsschimmer einer Ausreise war auch nur klein. Egal was ich vorlegen würde, die vermuteten immer noch, dass ich Cathérine war. Sie würden mir zwar nicht nachweisen können, dass ich nicht die Zwillingsschwester von Cathérine war, da die Dokumente der Katherina Mueller in Metz und in Montpellier nachprüfbar waren.

Es war trotzdem nicht sicher, da zumindest die Zofe Floria über mich Bescheid wusste. Aber ich hatte keine andere Wahl.

Der Bischof empfing uns am späten Nachmittag. Sein Gesichtsausdruck zeigte eine Neugierde die er nicht unterdrücken konnte. Ich versuchte mich so gut zu konzentrieren, wie es nur ging:

„Exzellenz, Sie haben recht gehabt mit der Annahme, dass ich nicht Lady Cathleen bin. Ich bin Katherina Mueller, die verleugnete Zwillingsschwester der Gräfin Cathérine.

Vor gut 18 Jahren haben sich unsere Wege radikal getrennt. Sie ist in den Südwesten zu den Christen gegangen und ich bin in den Südosten zu den Nationalen gegangen. Cathérine hat sich taufen lassen und hat geheiratet. Ich habe studiert und mein Diplom gemacht. Inzwischen habe ich meine Entscheidung bedauert. Ich möchte mich auch taufen lassen und fortan hier leben. Hier zeige ich ihnen meine Dokumente als Beweis dafür, dass ich tatsächlich Katherina Müller bin.

Er studierte die Dokumente mit einem zunächst ungläubigen Blick und dann mit einem zweifelnden. Dann richtete er seinen Blick auf mich:

„Frau Katherina Mueller, was hat Sie denn aus Montpellier herausgetrieben? Sie müssen sehr unzufrieden gewesen sein – was war ihr letztes Problem?“

Diese Frage überrumpelte mich irgendwie. Natürlich war ich nervös. Das Problem mit Cathérine und Robert lag mir auch auf dem Gemüt.

Aber mein folgender Fehler hätte mir nicht unterlaufen sollen, wie ich sofort merkte, kaum dass ich es ausgesprochen hatte:

„Exzellenz, ein Amtsarzt hatte mich befragt, ob es einen Trend zur Schizophrenie in meiner Familie gäbe. Das gefiel mir nicht. „

Ich konstatierte sofort, dass ich einen Riesenfehler gemacht hatte. Der Bischof und Jean-Marie sahen sich an, dann blicken beide zu mir hin. Der junge Graf beeilte sich, eine Erklärung abzugeben.

„Ich habe Katherina Mueller zufällig in der Nähe von Montpellier vor einiger Zeit getroffen, als ich mit einem Händler unterwegs war. Die große Ähnlichkeit mit meiner Mutter hat mich neugierig gemacht. Ich versprach ihr zu helfen. Wir waren uns beide sympathisch. Aber sie hatte Angst, als Bürgerin von Montpellier hierher in das christliche Gebiet zu kommen. Ich habe meine Mutter um Hilfe gebeten. Wir haben einen Austausch in Port Leucate gemacht.

Meine Mutter ist aus gewissen Gründen nach Montpellier gereist und Katherina als Kathleen hierher. „

Der Junge wusste gar nicht, wie nahe an der Wahrheit er war. Nur war seine Mutter nicht im Montpellier dieser Zeit, sondern im Montpellier meiner Zeit.

Der Bischof zog die Augenbrauen hoch. Er sah alles andere als überzeugt aus.

„So so, Frau Mueller. Wieso sind Sie dann mit einem Laptop hierhergekommen? Und wer hat sie wegen Schizophrenie befragt?“

Ich ärgerte mich über mich selber.

Wie hatte ich nur so dumm sein können und das mit der Schizophrenie erwähnen? Okay, es war Cathérine passiert, aber das war ja noch kein Grund das ausgerechnet hier als Argument vorzubringen. Konzentriere Dich bloß, Catharina!

„Exzellenz, ein so genannter Freund hat den Amtsarzt ins Spiel gebracht. Wie gesagt, das gefiel mir überhaupt nicht und es wird auch mitunter benutzt, um politische oder wirtschaftliche Gegner kaltzustellen. Ich habe mich über den angeblichen Freund wirklich geärgert, weil ich ihm schon häufiger mit einem Laptop geholfen habe.

Da habe ich dann den Laptop mitgenommen, um hier auch Arbeit zu haben. „

Der Bischof und der Jüngling starrten mich beide überrascht an. Der Bischof erholte sich als erster wieder von seiner Überraschung:

„Frau Müller, Sie wissen doch sicherlich, dass Mädchen hier nur bis zur Heirat arbeiten, nicht wahr? Und Sie wissen doch auch, dass in unserer Zone Computer bestenfalls in Herrschaftlichen Häusern zu finden sind?“

Natürlich hätte ich das wissen können, aber instinktiv war ich wieder in meine Welt gerutscht mit meinen Vorstellungen.

Jetzt musste ich sehen, wie ich das wieder ins Lot bringen konnte. Es hätte mir klar sein müssen wegen der Reaktion auf Lady Cathleen, die mit 28 Jahren schon als alte Jungfer gegolten hatte. Aber ich hatte es vergessen, in dem Stress eine richtige Antwort zu finden.

„Also, ich bin ja genauso wie die Gräfin Cathérine und Lady Cathleen von adeliger Herkunft. Wir haben dieselben Eltern, aber in der Republik von Marseille gibt es keinen Adel.

Jean-Marie verdrehte leise die Augen, aber er sprang trotzdem gleich ein und versuchte dem Ganzen den richtigen Dreh zu geben:

„Exzellenz, Katherina hat sich entschlossen, ein christliches Leben zu führen und sich dafür einen Gemahl zu suchen. Meine Mutter hat genau wie Sie das Potenzial eines Laptops erkannt. Sie hatte an eine Gelegenheit gedacht, damit ihre Zwillingsschwester geeignete Kandidaten kennenlernen könnte. Dafür sollte unser Haus Gelegenheit bieten, auch durch Besuche von und in benachbarte Regionen, und in der Zwischenzeit wollte unser Haus vom Laptop profitieren.

Der Bischof zog die Augenbrauen drohend zusammen und seine Stimme war grollend:

„Herr Graf, wenn Sie mir einen Bären aufbinden, um Ihre Mutter zu schützen, dann werden sie mich noch kennen lernen! Frau Katherina Mueller oder wie auch immer Sie heißen mögen, entweder sind Sie unheimlich gerissen oder Sie haben tatsächlich psychische Probleme! Ich würde Ihnen kein Wort glauben, wenn nicht diese Dokumente wären. Die sind echt, ob sie nun zu Ihnen gehören oder nicht.

Ich habe es schon gestern gesagt und ich bleibe dabei: Sie und der Laptop bleiben in Katalonien — andere Regionen können Sie vergessen! Nach Montpellier können Sie so und so nicht zurück. Und in Katalonien gibt es nur zwei geeignete Heiratskandidaten. Entweder der Herzog oder der junge Graf. „

„Herr Bischof, ich muss Sie doch sehr bitten! Der Herzog kann nicht einmal meiner Mutter den Hof machen und am nächsten Tag ihrer Zwillingsschwester! Und ich kann doch nicht die Zwillingsschwester meiner Mutter heiraten.

Deshalb habe ich ja meine Tante davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, reinen Tisch zu machen. Mit Tante Cathleen wäre das etwas anderes gewesen. “

Die Augen des Bischofs blitzten plötzlich in einem nicht zu übersehenden Ärger auf und er schnauzte jetzt regelrecht:

„Junger Mann, wollen Sie mir schon wieder ausweichen, genauso wie gestern? Falls sich die Dame heute taufen lässt, dann werden Sie zu ihrem Vormund bestellt.

Und als ihr Vormund erwarte ich von Ihnen, dass Sie umgehend, also bis morgen, das Aufgebot bestellen. Sie haben dann die Wahl zwischen dem Herzog und Ihnen selber. Das Aufgebot wünsche ich morgen früh auf meinem Schreibtisch zu haben. Falls Sie sich zur Ehe entschließen, dann seien Sie gewiss, dass ich Ihnen jeden Sonntag die Beichte abnehmen werde — ich persönlich!“

Er wandte sich im gleichen schroffen Ton mir zu:

„Meine Werte Dame, Sie haben die Wahl, ob sich heute taufen lassen wollen oder von der Inquisition über ihre angebliche Identität befragt werden.

Sie können mir nicht weiter auf der Nase herumtanzen! Wenn Sie sich taufen lassen, dann werden Sie bald eine katholische, gehorsame und treue Ehefrau sein. Haben wir uns richtig verstanden? Diese Entscheidung werden Sie jetzt treffen!“

Ich war konsterniert. Das war ja gründlich in die Hose gegangen! Diese Entscheidung war alternativlos, da brauchte ich nicht überlegen. Inquisition, das ging gar nicht. Ich konnte nur flüstern:

„Exzellenz, ich werde mich taufen lassen.

Ich werde dem Grafen gehorsam sein. „

„Gut! Eine exzellente Wahl, die eigentlich nur wenige haben. Gräfin oder Herzogin zu werden, ist für einen Flüchtling aus der Republik eigentlich beneidenswert. „

Der Bischof schnaubte noch einmal und ließ uns wissen, dass wir uns in fünf Minuten in der Kirche einfinden sollten. Die Taufe ging schneller vor sich als ich erwartet hatte und ebenso schnell war der junge Jean zu meinem Vormund ernannt worden.

Das war eigentlich absurd, ich war zehn Jahre älter als er und er war gerade eben volljährig geworden! Ich war fassungslos, während der Bischof zufrieden schien.

„Herr Graf, Sie brauchen mir noch nicht verbindlich zu antworten, aber sie würden mir helfen, wenn sie bereits Ihre Absichten andeuten würden. „

Der junge Jean-Marie sah ihn offen an und erklärte ganz sachlich, dass er aller Voraussicht nach sich selber als Ehemann sehen würde.

Der Bischof nickte, als ob er das erwartet hätte.

„Graf Jean-Marie, ich bin noch nicht vollständig überzeugt, ob Sie nicht doch Ihre Mutter auf die eine oder die andere Art schützen. Daher werde ich vorsichtshalber die Akzeptanz von zwei weiteren Maßnahmen von Ihnen verlangen. Erstens, falls Sie Nachrichten aus Montpellier erhalten sollten, erwarte ich eine unverzügliche Unterrichtung durch Sie. Zweitens, Ihre zukünftige Ehefrau wird die Zofe Colette einsetzen, um für ihre Frisuren zu sorgen sowie die komplette Garderobe und den Schmuck der Gräfin nutzen, die diese eigenartigerweise vollständig zurückgelassen hat…“

Er grinste den Grafen vielsagend an.

Es war keine Frage, er wollte ihn mit meiner Ähnlichkeit mit seiner Mutter aus der Reserve locken, aber diesmal war der junge Graf schlau genug, um sich nicht herausfordern zu lassen, sondern nickte nur einfach.

Wir wanderten stillschweigend zu dem gräflichen Anwesen zurück. Er ergriff als erster das Wort, als keiner mehr in Hörweite war.

„Cathi, es tut mir leid, aber mehr war nicht heraus zu holen.

Natürlich wird die Ehe nur pro forma sein, aber wir müssen jetzt vorsichtig sein. Colette ist garantiert eine Spionin, sonst hätte er sie nicht erwähnt. „

Leider musste ich ihm da auf ganzer Front zustimmen. Ein Gutteil des Dilemmas hatte ich mir selber zuzuschreiben, warum hatte ich nur das Thema Schizophrenie aufgebracht? Warum hatte ich nur dem Tausch mit Cathérine zugestimmt? Ich war unruhig und nervös.

„Es gefällt mir nicht, dass ich die Garderobe der Gräfin nutzen soll.

Das ist doch nicht richtig, denke ich. Es wird nur den Herzog in seine Idee bestärken, nicht wahr?“

Jean-Marie sah mich nachdenklich an. Er schien zu überlegen, wie er seine Frage formulieren sollte:

„Glaubst Du denn, dass sie zurückkommt, solange der Herzog die Idee hat sie zu heiraten? Oder dass sie jemals zurückkommt?“

„Nein, das glaube ich nicht wirklich. Ich weiß ganz genau, dass sie genau deswegen eben weggegangen ist.

Sie wird sich sicherlich melden, aber auf eine sehr vorsichtige Weise. “

Er sah traurig aus, als er diese Worte hörte. Er tat mir leid, aber vermutlich durfte ich ihm nicht sagen, dass er sie wahrscheinlich in Paris wieder sehen würde. Hier kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass dieses Treffen gar nicht so einfach zu arrangieren war. Er war jetzt regierender Graf und konnte nicht einfach so für ein, zwei Wochen verschwinden.

„Cathi, wenn ich Dich richtig verstehe, dann wird sie nie wieder ihre Garderobe benutzen. Dann möchte ich wirklich genauso wie der Bischof, dass Du alle ihre persönlichen Sachen benutzt, damit ich zumindest diese sehen kann und mich damit an sie erinnern kann. „

Das war schon ein bisschen Fetischismus, so kam es mir zumindest vor, wenn er unbedingt die von ihr getragenen Sachen sehen wollte. Aber wenn es etwas war, das ihn tröstete, dann war ich dazu bereit.

Ich nickte verständnisvoll und lächelte ihn an. Vielleicht hatte ich ihn dadurch etwas zu sehr ermutigt, jedenfalls wurde er leicht rot und ergänzte seine Ideen:

„Cathi, versteh‘ mich nicht falsch, ich möchte Dich nicht in Situationen bringen, wo Du Dich unwohl fühlst, weil Deine Zofe Colette das natürlich mitbekommen wird. Aber, weißt Du… Also, ich hätte es gerne, wenn Du auch die gesamte Unterwäsche benutzt. So wird diese nicht entsorgt oder weggegeben. Sollte meine Mutter wieder als Gräfin hierher zurückkommen, so ist noch alles da.

Jetzt war es an mir, zu erröten. Das war schon ein ziemlich intimer Wunsch. Was schlimmer war, ich wusste zwar nicht sicher, was seinen Wunsch motivierte, aber ich selber fand seinen Wunsch durchaus attraktiv, ohne sagen zu können was nun mein Motiv war. Aus Cathérines Gedächtnis kamen reizvolle Erinnerungen über luxuriöse Lingerie, die ich mir in meiner Welt nie hätte leisten können. Es war auch ein reizvoller Gedanke, Unterwäsche auf Wunsch eines Mannes zu tragen.

Obwohl diesen Gedanken verdrängte ich schnell, denn dieses würde die pro forma Ehe nur mit Fantasien aufladen, die das Ganze nur erschwerten. Nicht zuletzt fragte ich mich, ob er diese Idee tatsächlich auch gegenüber seiner Mutter geäußert hätte.

„Jean-Marie, ich verstehe natürlich, dass Du Deine Mutter vermisst. Dir ist aber auch klar, dass sie den Herzog heiraten müsste, wenn sie jetzt zurückkommt. Du musst jedoch verstehen, dass dies keine gute Idee ist.

Wenn das mit der Unterwäsche bekannt wird…“

„Cathi, ich denke Du bist über den Bischof besorgt, wenn er davon erfährt. Das wird kein Problem sein, lass‘ das meine Sorge sein! Der Bischof wird auch dafür sorgen, dass Colette anderen gegenüber Verschwiegenheit bewahren wird. Bitte, es ist mir ein echtes Anliegen!“

Sein Ton war jetzt echt bittend und er hatte diesen schwer zu widerstehenden Hundeblick auf seinem Gesicht. Cathérine hatte dem selten widerstehen können und auch ich brachte es nicht übers Herz, ihm diese Bitte abzuschlagen.

„Na schön, ich will Dich nicht abblitzen lassen, wenn es Dir doch so wichtig ist. Also gut. „

Ich wachte am nächsten Morgen erfrischt auf. Das war absolut ungewohnt, ich hatte keine Träume gehabt. Wie konnte das sein? Diese Träume waren jetzt gut ein Jahr lang mein ständiger Begleiter gewesen. Ich überlegte kurz, vielleicht waren es ja die Beruhigungsmittel die Cathérine eingeflößt worden war. Wenn sie praktisch den ganzen Tag schlief, dann würde ich davon nichts mitbekommen.

Nichtsdestotrotz war es auf eine Art und Weise auch beunruhigend, keine Träume zu haben.

Nach dem Frühstück erschien eine Nonne. Sie teilte mir im Namen des Grafen mit, dass ich die Gelegenheit hätte zwölf Tage in einem Nonnenkloster zu verbringen, um den Vorbereitungen zu entgehen und gleichzeitig Muße zu finden, um das Rechnungswesen der Grafschaft auf dem Computer aufzusetzen und eine Einweisung für den Majordomus vorzubereiten. Das entzog mich gleichzeitig auch den Aktivitäten der Zofe Colette, also stimmte ich zu.

Im Kloster angekommen, war ich verwundert, dass die Oberin mich ausgesprochen warmherzig empfing. Sie bat mich in ihr Arbeitszimmer:

„Gräfin Katherina, es freut mich, dass Sie sich entschlossen haben, meinem Kloster einen Besuch abzustatten. „

„Frau Oberin, danke für die freundliche Aufnahme, aber ich bin noch keine Gräfin. „, ich war etwas verlegen, denn diese Titulierung war mir peinlich. Sie sah mich aus klugen Augen an:

„Gräfin, Sie wissen selber, dass ein Teil von Ihnen es seit längerer Zeit doch ist.

Sie kommen ursprünglich aus einer Kultur, die nicht an Wunder glaubt, aber trotzdem kennen Sie mich und erinnern sich an mich, nicht wahr, liebes Kind?“

Ich war verblüfft. Es war, als ob sie Gedanken lesen könnte. Sie kam im Gedächtnis von Cathérine vor und die beiden verband ein durchaus herzliches Verhältnis. Ich konnte das nicht leugnen und nickte.

„Gräfin, erlauben Sie mir einen wohlgemeinten Ratschlag. Sie sollten Ihre Fügung annehmen.

Sie haben bisher ein isolierteres Leben geführt, als es Ihrem Naturell entspricht. Wenn Sie Ihr Schicksal akzeptieren und umarmen, dann können Sie auch Ihre Umgebung positiv verändern. Sie werden als Gräfin wieder die Möglichkeit dazu haben, mein Kind. Gott bietet Gelegenheiten Ihren Mitmenschen zu helfen in den eigenartigsten Momenten…“

Diese Worte berührten mich eigenartig. Irgendwie wusste diese alte, weise Frau über mich und meine eigenartige Beziehung zu Cathérine in einer intuitiven Art und Weise.

„Mutter Oberin, wie meinen Sie das denn? Sie wissen doch sicherlich, dass der Bischof…?“

Das runzlige Gesicht der Äbtissin verzog sich zu einem feinen Lächeln und sie machte eine Handbewegung, als ob dies nicht weiter wichtig sei:

„Seine Exzellenz ist hier nur die Hand des Schicksals. Er ist in dieser Angelegenheit von weltlichen Impulsen getrieben und meint es eigentlich nicht gut mit Ihnen, aber er befördert doch das Gute dabei, ohne es zu wollen.

Mein Kind, seien Sie ganz so, wie es die Gräfin Cathérine in ihren ersten sieben Jahren als Ehefrau war. Haben Sie keine Angst davor, auch äußerlich so zu sein. Die Menschen hier haben eine positive Erinnerung an diese Jahre. Natürlich werden Sie Anfeindungen gerade auch wegen dieser Ähnlichkeit erleben, aber überwiegend positive Gefühle und das alte Vertrauen wieder erwecken. Es kommt gar nicht so auf die formale Gerechtigkeit an, sondern auf das gelebte, gerechte Verhalten im gesamten Verhältnis der Menschen zueinander.

Sie werden vielleicht staunen das von mir zu hören, aber das Christentum ist nicht der einzige Weg zu unserem gemeinsamen Gott. Eine weitgehende materielle Gerechtigkeit in einer gottlosen Gesellschaft nutzt nichts, wenn die religiöse und spirituelle Freiheit des Menschen unterdrückt wird. Eine weitgehende individuelle Freiheit in einer kapitalistischen Gesellschaft nutzt nichts, wenn die materielle Gerechtigkeit für die Menschen unter den Füßen der Mächtigen zertrampelt wird. Die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ist vertane Liebesmüh, wenn sie nur die absolute berufliche und gesellschaftliche Gleichstellung sowie die Selbstverwirklichung in jedem Moment des Lebens anstrebt ohne das notwendige, langfristige Vertrauen von Ehepartnern und Eltern zu befördern, das auch in bestimmten Lebensphasen Verzicht bedeutet.

Der lange Vortrag erstaunte mich genauso wie das offenherzige Bekenntnis einer Nonne in hervorgehobener Stellung über das Christentum in dieser Form. Aber ich erkannte die Weisheit in ihrer Stimme und die Liebe zu den Menschen, die sie wohl über die Kirche als solches stellte.

Die nächste Begegnung verblüffte mich ebenfalls. Mir wurde ein älterer Herr um die 60 vorgestellt, der sich als Computerexperte und Kenner von Datenbanken und Tabellenkalkulationen erwies.

Anfangs hatte ich nicht erwartet, dass in dieser Welt mit zu wenig Computern tatsächlich Experten existierten, aber ich hätte natürlich vergessen, dass vor rund 40 Jahren Computer noch Gang und gebe in dieser Welt waren. Er war also ziemlich entsetzt, als ich ihm helfen wollte und ihn darauf hinwies, dass der Akku nicht brauchbar war. Er war auch ein bisschen beleidigt:

„Entschuldigen Sie, werte Dame, aber das würde der Graf nicht zulassen.

Sie werden meine zukünftige Regentin als Gräfin dieser Region sein und diese Art von Expertenarbeit ist nichts für Sie! Der Netzanschluss reicht durchaus, auch wenn das Modell und das Betriebssystem mir total unbekannt sind. So einen Laptop habe ich noch nie gesehen!“

In dieser Zeit der Ruhe im Kloster stellte ich fest, dass die Erinnerungen von Cathérine in meinem Gedächtnis mit jedem Tag lebendiger und stärker wurden und meine eigenen an meine Welt eher abnahmen, aber das war natürlich da ich hier in der Welt von Cathérine lebte und meinen Alltag hier eher mit ihren Erinnerungen bewältigen konnte.

Andererseits nahmen auch die Träume über Cathérine im gleichen Maße ab. Ob das nun nur daran lag, dass sie in Montpellier ziemlich sediert war, konnte ich nicht bestimmen.

An Kleidung bekam ich jeden Tag ein Habitat wie es Novizinnen trugen. Mein Haar war komplett verdeckt. Die Verpflegung im Kloster war mehr als gut. Es wunderte mich nicht, dass eine Reihe der Nonnen sichtlich Übergewicht hatte. Ich vermutete, dass ich nach bald zwei Wochen auch einige Pfunde mehr aufweisen würde.

Vielleicht hatte das auch Vorteile, da ich ja die Garderobe der Gräfin nutzen sollte.

Ich hatte jede Menge Zeit und Muße, was mich zuerst irritierte, aber mich dann zur Ruhe kommen ließ. Die Worte der Äbtissin hallten noch mehrmals in meinem Geist nach. Nach reiflicher Überlegung wurde mir klar, dass ich für die nächsten sechs Wochen nichts an meinem Schicksal ändern konnte. Jedenfalls nicht ohne vom Regen in die Traufe zu kommen.

So beschloss ich, die positiven Aspekte davon aktiv zu genießen. Positiv war es sicherlich, für eine Hochzeit als Gräfin gekleidet zu werden. Als Mädchen war einer meiner Lieblingsträume gewesen, eine Hochzeit als Prinzessin zu erleben. Nun gut, eine Gräfin war keine Prinzessin, aber in punkto Kleidung machte das wenig Unterschied!

Ich wachte auch an allen folgenden Morgen erfrischt auf, denn es quälten mich keine Träume mehr, in denen Cathérine mit Robert zusammen war.

Das tat in einer Hinsicht gut. Es war aber auch beunruhigend, keine Nachrichten über sie in der Gegenwart zu haben. Stattdessen hatte ich fröhliche Träume, in denen Jean-Marie jünger war und seine Mutter mit ihm spielte. Vermutlich waren das die Erinnerungen von Cathérine, die in meinem Gehirn herumspukten.

Am letzten Morgen im Kloster verabschiedete mich die Äbtissin herzlich. Ich hatte wieder das Kostüm in Taubenblau an und reiste diesmal per Kutsche statt mit dem gasbetriebenen PKW zurück.

Wobei Kutsche im Vergleich zu meiner Welt etwas ganz anderes war. Das von zwei rassigen Pferden gezogene Gefährt sah extrem leicht und filigran aus. Es bestand im Wesentlichen aus einem feinen Gewebe, das durch feine Stäbe verstärkt war. Nur die Sitze, die Gabel und andere tragende Teile waren aus einer Art von Bambus hergestellt, die leicht und stabil war.

Im gräflichen Palast empfing mich die Zofe Colette sehr freundlich und höflich, aber auch leicht missbilligend:

„Herrin, herzlich willkommen in Ihrem Heim! Herrin, ich sehe Sie jedoch schon zum dritten Mal in diesem Kostüm.

Das geziemt sich nicht für eine Dame, die bald Gräfin sein wird. Eine Gräfin soll Eleganz ausstrahlen und dadurch die Untertanen stolz machen auf ihre Grafschaft. Sie sind die dekorative Repräsentantin der Macht und des Wohlstandes in unserem Fürstentum. Innerhalb eines Monats sollten Sie nie die gleiche Kleidung noch einmal tragen. Außerdem sieht Ihre Frisur viel zu herb aus! Meine Mutter hatte der Gräfin vor mehr als vierzehn Jahren als Zofe gedient, daher kenne ich mich einigermaßen aus.

Sie ist jetzt leider Witwe und hat keine große Rente, aber ich kann ja noch hinzu verdienen. „

Einen Teil dieser Kritik hatte ich schon erwartet durch die Warnungen der Zofe Floria. Damit würde ich für die nächste Zeit leben müssen. Es war ja nur für eine begrenzte Anzahl von Wochen. Trotzdem missfiel mir der Begriff ‚dekorative Repräsentantin‘ — ich war doch nicht das lebendige Aushängeschild des Palastes oder der Kleiderständer in der Festhalle! Ich biss jedoch die Zähne zusammen und sagte nichts.

In den Erinnerungen von Cathérine tauchte das Bild von Claudine auf, der bürgerlichen Mutter von Colette, die einen armen aber adligen Freiherrn geheiratet hatte. Eine Idee nahm langsam Gestalt in mir an. Claudine war sehr vertrauenswürdig gewesen. Wenn sie jetzt Witwe war, dann würde sie auch wieder Arbeit annehmen.

Was mir derweil die Bedienstete in den zahlreichen Kleiderschränken der Gräfin Cathérine zeigte, überschritt meine Erwartungen. Es gab so viele Kleider, Röcke, Blusen, Schuhe und Kostüme, dass ich schier überwältigt war.

Taktvoll wies sie darauf hin, dass alles schon gereinigt worden sei und sie nur noch auf meine Anweisung warten würde, wie die Unterwäsche entsorgt werden sollte. Man könnte ja die einfache Unterwäsche an das Armenhaus geben und die intimeren und aufwändigeren Stücke an eine Schneiderin zur Umarbeitung und Weiterverwendung geben.

Colette war doch ziemlich überrascht, als ich eine alternative Vorgehensweise zum Ausdruck brachte, die sie nicht erwartet hatte:

„Colette, mein zukünftiger Gemahl wünscht sich von mir die Weiterverwendung der gesamten Unterwäsche der Gräfin.

Ich werde seinen Wunsch selbstverständlich respektieren. Deine Mutter Claudine kann sich als Kammermädchen um meine Unterwäsche kümmern und sie auch per Handwäsche pflegen. Ich werde sie dafür einstellen. „

Ihre Augen wurden groß. Dann merkte ich, dass ich einen Fehler gemacht hatte, denn die Zofe hatte den Namen ihrer Mutter nicht genannt. Das merkte die wohl rund 20-jährige Colette ebenfalls.

„Sie kennen meine Mutter? Und Sie wollen tatsächlich alle Stücke der Unterwäsche von der Gräfin verwenden, auch die frivolen Teile? Der Graf kann doch gar nicht wissen, welche Sets der Gräfin alle gehört haben?“

Es war klar, dass sie in mehrerlei Hinsicht verwirrt war.

Ich konnte es ihr nicht verdenken, aber ich wollt ihr trotzdem den Wind aus den Segeln nehmen und meinen Fehler ausbügeln:

„Colette, du willst doch nicht etwa andeuten, dass ich den Wunsch des Grafen nicht ganz erfüllen soll, bzw. sogar teilweise ignorieren soll? Würdest du etwa meine Aufgaben, die ich dir gebe, auch nicht vollständig erfüllen? Was deine Mutter betrifft, ich erkundige mich immer über die Familienverhältnisse meiner unmittelbaren Angestellten. „

Das hatte gesessen! Colette machte schnell einen Knicks und versicherte mir eilig, dass sie natürlich alle meine Anweisungen vollständig und komplett erfüllen würde.

Sie war zerknirscht.

Sie bemühte sich, mich schnell und professionell zu beraten. Colette schlug ein luftiges, aber wadenlanges Sommerkleid in einem sandfarbenen Farbton vor, das für diesen sonnigen Septembertag und die mir bevorstehenden Anproben nach ihren Worten gut geeignet sein sollte. Es war im Oberteil transparenter als im Unterteil. Weiterhin wählte sie beige, filigrane Sandalen mit einem moderaten Absatz aus. Nachdem ich dem zugestimmt hatte, kam sie mit zwei Lingerie-Sets zur Auswahl.

Das eine Set war simpel gehalten und nur mit einem schmalen Spitzenband versehen, aber der Stoff aus Baumwolle war so strahlend weiß, dass es bei dem starken Kontrast mit dem sandfarbenen Stoff sogar leicht durch das weniger transparente Gewebe des Unterteils hindurchscheinen würde.

Sie zeigte das andere hoch. Es war in einem dezent zartgelben Pastellton gehalten, aber es bestand fast komplett aus einem feinen, hoch transparenten Spitzengewebe. Bei dem geringen Kontrast war für das Unterteil kein Hindurchscheinen zu befürchten, aber bei ungünstigem Licht würde der BH sichtbar sein.

Und wenn er erkennbar war, dann würden durch das durchsichtige Spitzengewebe meine Brustwarzen ziemlich augenfällig sein. Das ließ mich unschlüssig sein. Sie nahm mein Zögern mit strikt neutralem Gesichtsausdruck wahr. Keine Frage, natürlich dachte sie in diesem Moment über meine Aussage bezüglich frivoler Unterwäsche nach und dass ich dem Wunsch meines zukünftigen Ehemannes hier nachkommen wollte. Dann beruhigte sie mich mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln, was mich noch mehr ärgerte:

„Wir verlassen das Haus heute nicht.

Die Hairstylistin, die Kosmetikerin und die Schneiderin sollten hier in den Palast kommen, ich habe sie schon vorgewarnt. Welches Set wollen Sie wählen?“

Gut, wenn ich hierblieb und nur Frauen kamen… Ich nahm das pastellfarbene, schon allein um ihr zu beweisen, dass ich zu meiner Aussage stand. Ich schickte sie zum Planen weg und zog mich um. Meine Güte, der BH war schon gewagt, aber das Höschen hatte ich in seiner frivolen Wirkung massiv unterschätzt.

Man konnte praktisch alles sehen! Ich war nur froh, dass das Unterteil des Kleides nur wenig transparent war.

Colette hatte mich in einen bequemen Armlehnstuhl komplimentiert, als die junge, hübsche Kosmetikerin ankam. Sie war nett und professionell. Die Zofe runzelte die Stirn, als die Hairstylistin nicht erschien. Wenig später kam seelenruhig ein älterer Mann hereinstolziert, der sich als Vorgänger der Hairstylistin vorstellte. Das war mir wegen meiner Kleidung nicht wirklich lieb, aber er war sehr professionell und machte keinerlei Bemerkungen noch anzügliche Blicke.

Die beiden begannen ihr Werk.

Knapp zwei Stunden später war meine Ähnlichkeit mit Cathérine einfach nicht mehr in dem mir vorgehaltenen Spiegel zu übersehen. Meine Haare waren an den Seiten halb offen in sanften Wellen und bedeckten jetzt partiell meine Ohren und den Hals, während mein Hinterkopf von einem dekorativen Fischgrätenzopf bedeckt war. Meine Augenbrauen waren jetzt genauso sauber und exakt wie die von Cathérine gezupft. Ein dezentes Make-up unterstrich meine grün-braunen Augen und ein Lipstick im Pastellton modellierte meine Lippen.

Colette lächelte zufrieden.

„Gnädige Dame, eine Mittagspause vor den Anproben am Nachmittag ist sicherlich eine gute Idee. Darf ich Sie zum Esszimmer bitten?“

Sie steuerte mich zum Esszimmer hin und zwitscherte aufgeregt über den bevorstehenden Besuch bei der Schneiderin. Sie hatte mich so abgelenkt, dass ich erst im letzten Moment beim Eintreten den jungen Grafen wahrnahm, der schon am Tisch saß. Ich war verblüfft, dass er anwesend war und blieb in der Tür stehen.

Das hatte mir keiner gesagt. Er starrte meine Frisur verblüfft an:

„Du bist zurück, Mama? Ähhh – Entschuldigung. Cathi, natürlich. Die Frisur, ich meine…“

Er hatte sich in seinen Worten komplett verheddert, und Colette verzog keine Miene dabei. Natürlich würde sie das dem Bischof berichten, da war ich mir sicher. Im ersten Moment hatte Jean-Marie mich so stark mit seiner Mutter verwechselt, dass er mich tatsächlich in dem Tonfall begrüßt hatte, in dem er sie immer begrüßt hatte.

Das Gedächtnis von Cathérine war da eindeutig. Es berührte mich eigenartig. Ich versuchte schnell ihn und Colette abzulenken:

„Jean-Marie, gefällt Dir meine neue Frisur?“

Das ging gründlich daneben. Sein Blick glitt von den Strähnen herab zu meinem Kleid und dem Oberteil. Seine Augen wurden groß: „Das, das Kleid …!“

Es musste spezielle Erinnerungen in ihm wecken, so heftig wie er reagiert hatte. Ich hatte auch sofort eine Assoziation, die in Catherines Gedächtnis existierte.

Nach einigen Momenten hatte ich es. Seine Mutter hatte gemerkt, wie Jean-Marie sie in diesem Kleid beobachtet hatte, als sie bei einem Ausflug im Gegenlicht der hellen Sonne stand. Und dann kapierte ich es, als ich in dem Spiegel an der Wand mein Ebenbild sah. Der Lichtkorridor, der sich aus der seitlichen Tür ergoss, beleuchtete die linke Hälfte meines Kleides. Meine linke Brustwarze hob sich gegen das hellere transparente Gewebe vom BH so deutlich ab, als ob das Kleid ganz durchsichtig wäre.

Ich wurde rot und trat schnell tiefer in den Raum herein, dass die Lichtstrahlen mich nicht mehr unter diesem ungünstigen Winkel trafen.

Er hatte sich inzwischen wieder gefangen und versuchte einigermaßen natürlich zu lächeln und Konversation zu machen. In seinen Augen stand aber immer noch die Überraschung, mich in diesem Kleid mit durchscheinendem Busen gesehen zu haben.

„Cathi, die Frisur steht Dir ausgezeichnet, genauso wie das, … das Kleid dazu passt.

Es freut mich, dass Dir der Klosteraufenthalt gefallen hat. „

Sein Versuch Konversation zu machen klang arg künstlich, aber das war nach diesem Ereignis verständlich. Ich hätte ihm gerne gesagt, dass ich nicht damit gerechnet hatte, ihn heute beim Essen zu treffen. Eine offene Unterhaltung war aber nicht möglich, solange Colette anwesend war. Ich war auch nicht gerade ein Ausbund an gepflegter Konversation.

„Die Schneiderin kommt heute zur Vorbereitung.

Ich habe Anproben für das Brautkleid zu machen…“

Das war der Punkt, wo Colette dienstbeflissen und höflich einhakte, als sie ausdrücklich drauf hinwies, dass der Bräutigam natürlich das Kleid nicht vor der Hochzeit zu Gesicht bekommen könnte. Bis nach der kirchlichen Hochzeit durfte er auch nicht die gräflichen Gemächer betreten, sondern musste noch in seinem Flügel des Thronanwärters verbleiben. Jean-Marie verstand den Hinweis und verabschiedete sich höflich vom Tisch. Dabei hätte ich noch so gerne mit ihm geredet.

Das brachte mich zu einer Entscheidung.

„Colette, nimm es mir nicht übel, aber für die Vorbereitung zur Hochzeit hätte ich gerne Deine Mutter Claudine und meine ehemalige Zofe Floria. Die beiden kennen mich schon länger und für die Hochzeit macht das die Sache einfacher. Sofort nach der kirchlichen Hochzeit übernimmst Du wieder die Pflichten der Zofe zusammen mit Claudine als meinem Kammermädchen. „

Colette sah etwas pikiert aus, aber sie verstand durchaus meine Beweggründe.

Und natürlich spielte auch meine Bereitschaft ihrer Mutter einen Job zu geben eine nicht unwichtige Rolle dabei.

So geschah es auch. Claudine und Floria halfen mir bei der Auswahl für den großen Tag. Es war nicht einfach eine Entscheidung zu treffen, schlussendlich gab es einen Kompromiss. Für die standesamtliche Trauung setzte ich mehr oder weniger meinen Kopf durch und bestand auf einem simplen aber elegant geschnittenem Cocktailkleid im sehr zarten Perlrosaton, dass gerade eben meine Knie bedeckte, während ich bei dem traditionell langen und weißen Kleid für die kirchliche Trauung schnell den Ratschlägen der beiden Frauen nachgab.

Ich wollte greifen, aber ich lag auf einem Sofa. Was machte ich auf dieser Couch in einem Brautkleid? Meine Gedanken wirbelten durcheinander. Ich war ziemlich durch den Wind. Hatte ich das geträumt, oder besaß ich jetzt tatsächlich den magischen Ring? Ein Gefühl an meiner linken Hand sagte mir, dass ich tatsächlich einen Ring trug, aber war es der magische? Ein Blick zeigte mir die drei edlen Steine auf dem Ring.

Dann sah und hörte ich meine Zofe Floria oder war es eine junge Frau, die ich nur aus Träumen von Cathérine kannte? Es war als hätte ich zwei unterschiedliche Erinnerungen, die nicht zusammen passten.

„Was machen Sie denn für Sachen? Geht es Ihnen wieder besser jetzt? Sie haben einen elektrischen Schlag bekommen. „

„Einen elektrischen Schlag? Wo bin ich? Was ist passiert? Wieso bin ich in einem Brautkleid? Ich weiß nur noch, dass ich in den unterirdischen Gang zum Einsiedlergebäude gehen wollte, das mit dem Keller und dem Safe.

Sie sah besorgt aus und rief nach Dr. Brenner. Dann erklärte sie mir, dass ihr Chef mich noch einmal untersuchen würde, da ein elektrischer Schlag nicht ungefährlich war. Und danach würde sie mir alles erklären. Der Arzt sah sich meine Hand an und prüfte alle meine Reflexe, während er sich nach meiner letzten Erinnerung erkundigte.

„Gnädige Dame, körperlich ist alles wieder in Ordnung, bis auf die Amnesie über die letzten zwei Wochen.

So etwas kommt nach einem elektrischen Schlag vor, wenn auch selten. Es wird wahrscheinlich in einigen Wochen oder Monaten wieder in Ordnung kommen oder Sie werden permanent mit dieser Lücke leben müssen, aber letzteres kommt nur vereinzelt vor. Ich lasse Sie jetzt mit meiner Assistentin allein, die Ihnen alles erklären wird. Ich schließe die Tür hinter mir ab. „

Er hatte gut reden. Amnesie?? In meiner Erinnerung sah ich mich um die Mittagszeit quasi doppelt auf dem Weg zu diesem Gang.

Einmal als Cathérine aus Perpignan und einmal als Catherina aus Saarbrücken. Und ich wusste nicht, wer davon ich war…

Beide hatten eigenartige Träume gehabt, die vielleicht auf Bewusstseinsspaltung hindeuteten. Vielleicht hatte der elektrische Schock das nur verstärkt. Aber wer war ich denn nun? Wie konnte ich das herausfinden?

„Sie sind hier im gräflichen Palast in Ihren privaten Gemächern in Perpignan. Hier haben Sie wohl versucht den Stecker der Lampe zu richten.

Das hätten Sie nicht machen sollen. Das ist Aufgabe des Majordomus und seiner Leute!“

Zumindest war es eindeutig, wo ich war. In Perpignan, das zumindest stand fest. Gut, es gab einen Palast in Perpignan, soweit stimmten die Erinnerungen auch überein. Ich war zuletzt auf dem Weg zu diesem Einsiedlerhaus in Perpignan für die Suche nach dem Keller mit dem geheimen Safe gewesen. Das stimmte mit meinen letzten Erinnerungen überein. Wo sie nicht übereinstimmten, war wie ich dahin kommen wollte.

In einer Version von außen durch die verborgene Tür und in der anderen durch den langen Gang, dessen Eingang Floria bewachen sollte. Es ging um den magischen Ring. Wenn Floria den Gang bewacht hatte, dann musste sie sich daran erinnern. Wenn nicht, dann war die junge Dame nur das Ergebnis der Ähnlichkeit mit den Träumen von Catherina über das Leben von Cathérine.

„Was heißt denn Amnesie? Und für zwei Wochen? Was ist denn in den zwei Wochen passiert?“

Sie sah mich nachdenklich an.

Dann nickte sie verständnisvoll, als sie sich an meine Gedächtnislücken erinnerte:

„Direkt nach Ihrem Unfall haben Sie sich nur noch daran erinnert, wie Sie mir vor rund zwei Wochen den Auftrag gegeben haben, Sie nach der Rückkehr vom Safe als Cathleen zu begrüßen. “

Das half mir nicht so richtig. Ihr Akzent machte es mir schwer, zu entscheiden ob sie Cathleen oder Kathleen gesagt hatte. Jedenfalls hatte sowohl Cathérine als auch Catherina jeweils eine jüngere Schwester.

Ich brauchte mehr Details!

„Was habe ich noch gesagt? Ich habe doch etwas in dem Gang gesucht, nicht wahr? Es war wichtig und kostbar, stimmt das?“

„Ja, Gräfin, es war der Laptop, den Sie dort suchten. Ihre einzige Möglichkeit der Heirat mit dem Herzog zu entkommen. Lady Cathleen würde so zurück nach Metz reisen können, während Sie angeblich verreist waren, vielleicht ein Klosteraufenthalt. Mehr haben Sie mir nicht gesagt.

Das haute mich um! Das stimmte weder mit der Erinnerung von Cathérine noch mit der von Catherina überein. Oder hatte ich das mit dem Ring nicht sagen wollen? Jedenfalls klang das eher nach Cathérine, aber ich war mir nicht sicher. Aber wenn das so war, dann war meine Strategie gründlich danebengegangen. Das Brautkleid meinte sicherlich, dass ich der Heirat mit dem Herzog nicht entkommen würde.

„Also ist es schief gelaufen.

Mein Brautkleid bedeutet, dass die Hochzeit mit dem Herzog bald bevorsteht, richtig?“

Sie sah mich entsetzt an und schüttelte vehement Ihren Kopf.

„Nein, nein! Erinnern Sie sich denn an gar nichts mehr von den letzten beiden Wochen? Sie sind vor dem Herzog geschützt mit Ihrer neuen Identität als Ihre Zwillingsschwester Katherina!“

„Aber ich habe keine Zwillingsschwester!“

Jetzt war der Wahnsinn komplett.

Es gab Catherina aus dem Jahr 2048 und es gab Cathérine aus dem Jahr 2053. Und jetzt gab es auch noch Katherina??? Ich musste mehr krank sein, als ich dachte.

„Frau Gräfin, Sie haben auch keine Zwillingsschwester, aber das weiß neben mir nur noch der junge Graf und mein Verlobter, Dr. Brenner. Aber so kann der Herzog Sie nicht heiraten, da Sie nicht Cathérine sind, sondern offiziell Ihre Zwillingsschwester Katherina.

Der Bischof und der Herzog sind zwar immer noch nicht überzeugt, dass Sie nicht Cathérine sind, können das aber nicht beweisen. „

Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Das war doch alles abstrus! Es passte nicht zusammen!

„Ich verstehe das alles nicht. Welches Jahr schreiben wir denn? Wieso reden Sie mich dann mit Gräfin an? Weshalb hat der Herzog Zweifel oder der Bischof?“

„Gräfin Katherina, Sie sind seit zwei Stunden mit Graf Jean-Marie Ferrer standesamtlich verheiratet und haben das Anrecht auf diesen Titel als seine Frau.

Die kirchliche Hochzeit findet an diesem Nachmittag im Jahre 2053 statt. “

Das war wie eine Bombe, die in mir detonierte! Das durfte nicht wahr sein. Das konnte nicht sein! Ich starrte sie ungläubig an.

„Aber der Graf ist doch dann mein Sohn!!“

Die Zofe räusperte sich taktvoll und zuckte minimal mit den Schultern, bevor sie antwortete:

„Als Gräfin Cathérine konnten Sie einer Hochzeit mit dem Herzog nicht entkommen.

Also mussten Sie zu einer anderen Person werden – das haben Sie schon vor einem Jahr mal angedeutet. Natürlich konnten Sie nicht zu einer beliebigen Person werden. Nur Ihre Schwester könnte ähnliche Fingerabdrücke haben wie Sie und nur Ihre eineiige Zwillingsschwester könnte praktisch gleiche Fingerabdrücke wie Sie haben. Das haben Sie mir doch selber gesagt! Und natürlich haben der Doktor, und auch ich, Sie mit der Operationsnarbe so weit unterstützt, wie es nur ging, ohne Rücksicht auf Folgen.

Frau Gräfin, weil der Bischof und der Herzog Zweifel an Ihrer Identität hatten, war dies jetzt die einzige Möglichkeit. Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie in der Konfrontation mit dem Bischof nur die Wahl zwischen einer Heirat mit dem Herzog oder dem Grafen hatten?“

Ich war verblüfft. Vor einem Jahr hatten auch meine Träume angefangen. War das nur ein Zufall, oder hatte da ein Prozess begonnen? Mir wurde schwindelig! Zum ersten Mal stellte ich mir die Frage, ob meine Träume als Cathérine über Catherina vielleicht nur der Versuch meines Unterbewusstseins waren, mich auf diese Situation vorzubereiten?

Wenn ich Floria glaubte, dann war ich hier Cathérine und hatte schon vor einem Jahr begonnen, Überlegungen anzustellen, wie ich zu einer anderen Person werden konnte.

Gut, daran besaß ich Erinnerungen, aber es waren keine konkreten Pläne gewesen. Und es waren sicherlich keine Pläne gewesen, die eine Heirat mit Jean-Marie in Betracht zogen, oder? In Catherinas Gedächtnis fand ich keine Spuren davon, aber wenn meine Träume über Catherina unbewusste Versuche waren, mich vorzubereiten, dann war dies denkbar, denn die Catherina in meinen Träumen hatte keinen Sohn und würde viel weniger Hemmungen im Hinblick auf Jean-Marie haben…

Ich fühlte wie ich rot wurde, als ich in Cathérines Gedächtnis Überlegungen fand, nach Paris mit ihrem Sohn zu reisen genauso wie an Recherchen über den kirchlichen Dispens bezüglich des Heiratens von Tante und Neffe.

„Frau Gräfin, haben Sie denn gar keine Erinnerung mehr an die letzten zwei Wochen? Nicht mal kleine Fetzen davon?“

Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Die Zofe seufzte und begann mir dann alles zu erzählen, was sie wusste. Auch das, was ich ihr angeblich unter dem Siegel der Verschwiegenheit am vorhergehenden Abend noch erzählt hatte.

Ich fühlte mich schwach. Sie hatte mir noch die standesamtliche Urkunde gezeigt.

Es gab keinen Zweifel. Da stand es schwarz auf weiß. Das einzige was mich halbwegs tröstete, war die Tatsache, dass meine Zofe bestätigte, dass nach meinen Worten mein Sohn zugestimmt hatte, dass dies eine pro forma Ehe war. Es gab allerdings die als Drohung verstandene Ankündigung durch den Bischof, uns jeweils persönlich die Beichte abzunehmen. Er verdächtigte mich immer noch, dass ich ihm die Unwahrheit über meine Person gesagt hatte. Damit hatte er natürlich Recht, aber um die Hochzeit mit dem grausamen Herzog zu vermeiden, waren mir alle Mittel lieb und billig.

Gleichzeitig warnte Floria mich noch über Colette, die wahrscheinlich als Spionin des Bischofes agierte. Über Claudine hatte ich ihr angeblich leider nichts erzählt. Meine Güte, wie war ich nur in diese Situation geraten?

Ich stand langsam mit der Hilfe von ihr auf und ich begriff, dass ich keine andere vernünftige Wahl hatte, als mich auf die kirchliche Trauung vorzubereiten. Meine Zofe war in dieser Hinsicht ganz klar gewesen. Jedes Zögern oder jeder Ausweichversuch würde unweigerlich von dem Bischof als Bestätigung seiner Annahme gewertet werden, dass ich in Wirklichkeit doch Cathérine war, was ja auch stimmte, aber was er um keinen Preis wissen durfte.

Wenn er es herausfand, dann würde nicht nur ich selber bei der Inquisition landen, sondern auch alle anderen eingeweihten, sprich also Jean-Marie, meine Zofe und mein Leibarzt Doktor Brenner. Das konnte ich nicht verantworten!

Ein schwacher Trost war das unglaublich luxuriöse, weiße Brautkleid mit der eleganten Schleppe. Es saß wie angegossen und wäre mir zu jedem anderen Zeitpunkt als ein absoluter Traum vorgekommen. Jetzt war es jedoch eine Erinnerung daran, dass diese Hochzeit keine freiwillige Entscheidung war und auch keine, der ich entkommen konnte.

Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass sich auf dem Weg zum Altar nichts von meiner Umwelt wahrnahm. Erst am Altar selber blickte ich bewusst auf Jean-Marie, der in der Uniform eines Hauptmannes der Garde dort statt. Die Uniform stand ihm gut, aber sie verdeckte nicht seine Jugend. Natürlich wusste ich, dass es auch in unserer Grafschaft arrangierte Ehen im Adel gab, und dass der Altersunterschied hier weniger bedeutsam war, als Sicherung oder Ausweitung der Macht eines adeligen Hauses.

Es war mir trotzdem etwas peinlich.

Der Bischof hielt noch eine kurze Ansprache, in der er betonte, dass für das Volk der Grafschaft dieses Ereignis heute eine Kontinuität brachte, die sich positiv auswirken würde. Der junge Graf würde in die Fußstapfen seines Vaters treten und die neue Gräfin auf den Spuren ihrer Zwillingsschwester wandeln mit der großzügigen Morgengabe eines Computers, der sich für die Grafschaft als ein Segen erweisen würde.

Dann kam der letzte Moment die Entscheidung noch einmal zu überdenken.

„Graf Jean-Marie Ferrer, ich frage dich vor Gottes Angesicht: Nimmst du deine Braut Katharina an als deine Frau und versprichst du, ihr die Treue zu halten in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, und sie zu lieben, zu achten und zu ehren, bis der Tod euch scheidet?“

Sein festes ‚Ja‘ ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen.

Irgendwie hatte ich bis zum letzten Moment gehofft, dass der Lauf der Dinge sich noch ändern würde. Der Bischof teilte wohl diese Ansicht, denn beim ‚Ja‘ flog ein Schatten über sein Gesicht. Aber er war routiniert genug, um das zu überspielen, auch wenn er mir einen schnellen Blick zuwarf.

„Nimm den Ring, das Zeichen eurer Liebe und Treue, steck ihn an die Hand deiner Braut und sprich: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“.

Jean tat das einfach, so als ob das ganz normal sei und es ihn keinen Funken Überlegung kostete.

„Gräfin Katharina, ich frage dich vor Gottes Angesicht: Nimmst du deinen Bräutigam Graf Jean-Marie an als deinen Mann und versprichst du, ihm die Treue zu halten in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, und ihn zu lieben, zu achten und zu ehren, bis der Tod euch scheidet?“

Jetzt gab es keine Möglichkeit mehr der Entscheidung auszuweichen.

Die Formel klang so endgültig, als ob sie für die Ewigkeit gemacht sei. Das war ja normalerweise die Absicht bei Ehepaaren, aber hier war es ja nur eine pro forma Ehe und trotzdem hatten die Worte ein starkes Echo in meinem Geist. Ich versuchte krampfhaft meine Stimme gefasst und ruhig klingen zu lassen, aber sie erschien mir höher als sonst und nervös klingend.

„Ja, ich will. “ Was konnte ich in diesem Moment auch anderes sagen?

„Nimm den Ring, das Zeichen deiner Liebe und Treue, steck ihn an die Hand deines Bräutigams und sprich: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“.

Ich spürte, wie meine Hände leicht zitterten, als ich seinen Worten Folge leistete und die Formel wiederholte.

Der Bischof schaute den jungen Grafen mit einem eigenartigen Lächeln an:

„Bräutigam, Sie dürfen die Braut jetzt küssen. „

Damit hatte ich natürlich gerechnet, aber nicht mit der Art seines Kusses. Jean schlug meinen Schleier zurück und küsste mich dann tief. Und das war sprichwörtlich, denn seine Zunge glitt schnell zwischen meine Lippen, die sich vor Überraschung einfach öffneten.

Seine rechte Hand zog meinen Hinterkopf an ihn heran, genau wie seine linke Hand auf meinem Rücken meinen Körper an seinen drückte. Noch weniger hatte ich damit gerechnet, dass sein Kuss mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen ließ. Mein Sohn küsste mich und ich fühlte mich schuldig, als ich diese Umarmung rein körperlich genoss, aber ich hatte ja auch lange, lange Zeit keinen Mann mehr gehabt. Mein Körper reagierte einfach, redete ich mir ein.

Die feierliche Prozession aus der Kirche heraus ließ mich zum ersten Mal ahnen, wie aufmerksam die Menschen mich von nun ab beobachten würden. Das Tuscheln in den Reihen der Zuschauer war nicht zu überhören und häufig fielen Begriffe ‚Ähnlichkeit‘ oder ‚genau wie seine Mutter ‚oder ‚dass sie sich nicht schämt‘. Es wurde mir klar, dass ich noch vorsichtiger sein musste, als ich es ohnehin schon angenommen hatte.

Natürlich gab's eine Feier und natürlich ertönten ellenlange Reden.

Ich war heilfroh, als endlich der Teil der Feier begann, der das Tanzen vorsah. Nach dem ersten Walzer forderte mich Jean Marie auf, doch in das Kleid vom Standesamt zu wechseln, das sich besser für das Tanzen eignen würde.

Das hatte Colette gehört und kam diensteifrig vorbei. Ob sie mir umziehen helfen könne, hatte sie gefragt. Ich konnte ihr das schlecht abschlagen, denn ich hatte ja zugesagt, dass nach der Hochzeit wieder sie verantwortlich sein würde, wie mir Floria in Erinnerung gerufen hatte.

So eine abrupte Gedächtnislücke war schon ziemlich irritierend – und es wurde noch mehr davon.

Als wir im Ankleidezimmer ankamen, holte sie ein Cocktailkleid heraus, das sehr zart in perlrosa gehalten war mit gleichfarbigen Pumps — und gleich danach ein Unterwäscheset, bei dem ich erst einmal mit den Augen blinken musste. Es war weiche, hübsche Seide in einem exakt angepassten Farbton mit entzückenden Verzierungen, aber die schwarzen Strapse an dem dazu passenden rosa Strumpfgürtel sahen wegen des Kontrastes doch ziemlich frivol aus.

Hatte ich das tatsächlich selber ausgesucht? Und hatte ich das tatsächlich zum Standesamt getragen?

Colette lächelte: „Meine Mutter scheint ja heute Morgen schon dafür gesorgt zu haben, dass Sie in der richtigen Stimmung zum Standesamt gegangen sind, Frau Gräfin, wie ich gehört habe. Ihr Ehemann wird sicherlich begeistert sein. „

Wahrscheinlich war die Bemerkung nur freundlich gemeint, aber ich fühlte mich nicht ganz wohl in meiner Haut.

Was hatte sie denn gehört? Jetzt war es praktisch unmöglich, auch nur den frivolen Teil der Unterwäsche abzulehnen. Ich ließ mir von ihr beim Ausziehen helfen und dann wieder beim Anziehen.

Dann ging es zurück zum Festsaal. Trotz aller Bedenken fühlte ich mich auch sexy. Der leise Zug der Strumpfhalter an meinen Strümpfen ließ mich einfach nicht vergessen, was für eine kecke Lingerie unter dem eleganten Kleid steckte. Jean-Marie lächelte erfreut, als er mich wieder erblickte.

Im Nu war ich auf der Tanzfläche und ließ mich von ihm führen. Als jedoch ein Rumba kam, zeigte er gewisse Schwächen und ich gab ihm diskrete Hinweise, die er ohne Probleme akzeptierte.

Um kurz nach 22 Uhr durften wir uns verabschieden, wenn auch unter Gejohle mit spöttischen Kommentaren. Colette wurde ich jedoch nicht los, während der junge Graf seinen Diener ins Bett schickte, sobald wir in den gräflichen Gemächern angekommen waren und dieser ihm seine Kleidung für die Nacht ordentlich auf das Bett gelegt hatte.

Ich wollte ihm durch Colette das große Badezimmer zeigen lassen, aber sie versteifte sich darauf, mir zu helfen. Jean-Marie unterstützte sie hierbei.

Ich ließ mir von ihr noch das Kleid ausziehen, aber als sie mir das zarte, transparente Negligé nur zeigte und verschmitzt kichernd überlegte, was ich von meiner Unterwäsche ausziehen sollte, um dem jungen Herrn am besten zu gefallen, da reichte es mir. Ich komplimentierte sie aus dem Raum! Ich hatte keine Lust, irgendwelche weiteren Kommentare von ihr zu hören.

Aber jetzt kam das nächste Problem. Wie sollte ich mich waschen und bettfertig machen, wenn Jean-Marie im Bad war?

„Jean-Marie, bist du im Bad fertig?“

Er war es, und kam überraschend schnell ins Schlafzimmer. Er blieb in seinen satinblauen Boxershorts wie angewurzelt in der Tür stehen:

„Mein Gott, Mama! Du siehst ja unglaublich sexy aus in diesem unglaublichen Negligé und dem, dem … was drunter ist! Ich….

Sorry, ich meinte natürlich Katha. “

Binnen Sekunden hatte sich ein ‚Zelt‘ in seinen Shorts aufgerichtet. Dies und seine Augen machten mir bewusst, wie ich auf ihn wirken musste. Er war ein junger Mann — und eine Frau in verlockender Unterwäsche unter einem transparenten Negligé würde natürlich immer auf ihn wirken, aber trotzdem war es irgendwie auch ein schmeichelhaftes Kompliment. Es war auch beschämend sich ihm so zu zeigen, denn ich war doch seine Mutter…

„Ich gehe jetzt ins Bad, Jean-Marie.

Wir müssen alles gut überlegen, aber für heute Nacht müssen wir wohl in dem Ehebett schlafen, sonst wird Colette…“

Er nickte verständnisvoll, aber auch sein Gesicht wirkte stärker röter als normal. Und ich war mir sicher, dass meins auch zumindest stärker rosa war. Das war auch kein Wunder, denn durch das Negligé konnte er sicherlich meinen Büstenhalter und die Strumpfgürtel samt Slip gut erkennen. Ich schluckte nervös, als ich versuchte, nicht daran zu denken.

Im Bad tauchte ich schnell meine Hände in das Waschbecken mit kaltem Wasser und dann beugte ich mich über, um auch meine Ellenbogen einzutauchen. Sein Anblick hatte mich auch nicht kalt gelassen. Ich schloss die Augen.

Dann fassten mich plötzlich zwei Hände an meinen Hüften und ich schrie erschreckt auf.

„Keine Panik, ich bin es nur. Ich wollte dir noch einen Gute-Nacht-Kuss geben, und das lieber nicht im Bett machen, … Katha.

Ich rührte mich nicht, als er begann einen Kuss in meinen Nacken zu drücken. Ich fühlte seine harte Männlichkeit an meiner Hinterfront. Weder protestierte ich noch ermunterte ich ihn. Wir beide wussten haargenau, dass sein Gutenachtkuss nichts als ein Vorwand war. Ich wollte ihn nicht rüde zurückstoßen, denn ich hatte keinen Zweifel daran, dass er ziemlich erregt war, was ich ihm nicht vorwerfen konnte. Aus genau diesem Grunde wollte ich ihn aber auch nicht ermuntern, denn dann war die Gefahr groß, die Kontrolle zu verlieren.

Ich musste besonnen handeln, aber ich wollte ihn auch nicht durch eine schroffe Abfuhr verletzen. Er streichelte mich noch einmal, und stoppte dann seinen Kuss. Er verschwand genauso leise wie er gekommen war. Er ließ mich in Aufruhr zurück.

Ich nahm mir meine Zeit, um meine Zähne zu putzen und gleichzeitig meine Seele etwas zu beruhigen. Ich wusste, dass ich auch so wie ich angezogen war, nicht ins Bett gehen konnte, ohne ihn zu provozieren.

Mein Sohn war jetzt ein Mann…

Ich suchte mir also ein langes, cremefarbenes Nachthemd aus gemusterter Baumwolle und ein weißes Höschen aus Baumwolle. Damit kroch ich dann ins Bett und hielt sorgsam Abstand von ihm. Ich glaubte nicht, dass er wirklich eingeschlafen war, aber er tat so als ob — und ich tat so, als ob ich ihm das glauben würde.

Es dauerte trotzdem lange, bis ich eingeschlafen war.

Ich war mir seiner Nähe nur allzu bewusst. Und meine Träume handelten auch von ihm, vielleicht weil automatisch Erinnerungen an seine Jugend hochkamen. Das war bittersüß, weil es mich gleichzeitig schuldig fühlen ließ. Und der letzte Traum war besonders ambivalent, weil er darin zu seinem achtzehnten Geburtstag um einen Kuss als Geburtstagsgeschenk bat. Ich wachte langsam auf und lag in seinen Armen, als er mich schläfrig umfasste. Seine Lippen lagen nur wenige Zentimeter von meinen entfernt und dann suchten sie instinktiv meine, als er die Augen blinzelnd öffnete.

Er küsste mich sanft und murmelte dann etwas von einem schönen Traum. Seine rechte Hand glitt wie von selbst auf meinen Po, und er drückte mich an sich. Ich fühlte seine steinharte Männlichkeit, als er mich noch einmal etwas stärker küsste. Ich wusste, dass ich das nicht zulassen sollte, aber ich war noch nicht ganz bei mir. Ich öffnete wie willenlos meine Lippen, als seine Zunge an meinen Lippen spielte. Es war ein so süßer Kuss!

„Jean-Marie, wir dürfen das nicht, das weißt du doch, nicht wahr? Wir sollten jetzt lieber aufstehen!“

Fortsetzung folgt vielleicht.

.

Keine Kommentare vorhanden


Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*