Die Schlimmsens

Telefonsex mit ECHTEN Frauen: Zusätzlich mit Kamera Funktion möglich!

»Wissen sie, ich habe mir ihr Heft schon oft angeschaut und mir vorgestellt, auch einmal in so einer Kulisse abgelichtet zu werden – und wenn die Kamera dann erst mal aus ist … hmmm. «

»Was soll dann sein?«, fragte der schmerbauchige Mann hinter seinem schäbigen Schreibtisch und drückte seine Zigarette in den übervollen Aschenbecher.

Caroline rutschte mit dem Po bis zur Stuhlkante und strich sich über die Oberschenkel, die nun nicht mehr ganz von dem knielangen Rock bedeckt wurden.

»Harry«, hauchte Caroline und öffnete ihre Schenkel, »Sie werden sich doch so eine Gelegenheit nicht entgehen lassen?«

Die spitzenverzierten Ränder ihrer halterlosen Strümpfe schimmerten im Neonlicht, es war nun unverkennbar, dass sie nicht viel von Unterwäsche hielt.

»Ich stehe total darauf, es mir vor den Augen Fremder zu machen. «

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»Sie … sie, äh, schreiben hier, dass sie dreifache Mutter sind«, stammelte Harry und lockerte den speckigen Kragen seines Hemdes.

»Ich befürchte, dass sie für unser Magazin nicht mehr infrage kommen. «

»Aber das ist doch schon siebzehn Jahre her. «

»Waasss«, entfuhr es Harry aufbrausend durch seinen angegrauten Schnauzer. Er stützte sich auf der Kante seines Schreibtisches ab, um kurz nachzudenken, wer hier einen an der Klatsche hatte, bis er mit ansehen musste, wie Caroline ihren Blazer öffnete und ihre Brüste präsentierte.

»Na, ganz schön geil, oder?«

»Nein«

»Wollen sie mich beleidigen?«, fragte Caroline und zupfte an ihren Brustwarzen bis sie sich prall aufrichteten.

Harry zündete sich noch eine Zigarette an und blies den Rauch kopfschüttelnd in den Raum.

»Sie haben sich für Anfang vierzig …«

»Ende dreißig!«

»… ok, Ende dreißig, verdammt gut gehalten — mein Kompliment. Aber für unser Magazin kommen nur Models Anfang zwanzig infrage. «

»Das ist ja so alt, wie meine älteste Tochter«, empörte sich Caroline, schloss ihre Beine und griff nach ihrer Handtasche.

»R i c h t i g!«, sagte Harry überbetont deutlich und lehnte sich mit abgewinkelten Ellenbogen auf seinen Schreibtisch.

»Das würde ich nie zulassen!«, empörte sich Caroline und schloss ihren Blazer im Gehen. Bevor sie aus der Tür ging, hob sie das Kinn und stellte klar: »Wir sind eine anständige Familie!«

***

Als Caroline nach Hause kam, saß Edwin, ihr Mann, in der Küche und tippte mit den Zeigefingern auf seinem Laptop herum.

»Wo sind die Kinder?«, fragte Carolin.

»Weiß nicht. «

»Hast du dich um das Abendessen gekümmert?«

»Ist gleich fertig. «

»Willst du wissen, warum ich so schlecht drauf bin?«

»Warum bist du so schlecht drauf Schatz?«, fragte Edwin und blickte über den Rand seiner Lesebrille.

»Ich war heute bei der Redaktion des Magazins — du weißt schon welches — und sie wollen mich nicht haben.

Ich bin zu alt!«

»Tjaaaa«, sagte Edwin und begann jetzt erst mit einer Vorstufe des Denkens. »Das ist halt nicht mehr wie in den wilden Achtzigern, als wir uns noch alles erlauben konnten. Damals war die Landschaft auch noch nicht mit diesen ganzen Windrädern vollgestellt. Da gab es noch echten Wind aus dem Wald, der uns durchs Schamhaar wehte. «

»Das geht heute gar nicht mehr«, sagte Caroline und hob ihren Rock, unter dem eine makellos blank rasierte Pussy hervorkam.

»Oh«, entfuhr es Edwin. Er kniete sich vor die Scham seiner Frau und strich zärtlich über die weichen Lippen. »Das ist doch eine perfekte Muschi, wie konnten diese Idioten dich nur wegschicken?«

Carolins Anspannung schwand, ihr Gesicht erhellte sich mit jedem Fingerstreich ihres Mannes.

»Ich mag dich breitbeinig mit Pumps in der Küche«, flüsterte er, während sie versuchte, das Gleichgewicht zu halten.

Es klingelte an der Tür.

»Ah, Essen ist fertig!«, rief Edwin und rannte los. Auf halbem Weg machte er kehrt.

»Hast du mal zwanzig Euro?«

»Ja, in der Handtasche«, raunte Caroline und hörte Getrappel auf der Treppe.

»Ich habe die Kinder gefunden und was zu essen«, frohlockte Edwin aus dem Flur.

***

»Wenn ich gewusst hätte, dass ihr alle da seid, hätte ich mehr Pizza bestellt«, rechtfertigte sich Edwin vor seiner Familie.

Doreen, seine älteste Tochter, verschränkte demonstrativ die Hände und lehnte sich zurück.

»Da bekommt man ja einen Fettschock –ich verzichte. «

»Gut, mehr für mich«, sagte Boris und zog sich noch ein Stück Pizza Salami mit extra Käse auf seinen Teller. Sehr zum Leidwesen seiner jüngeren Schwester Emily, die noch an ihrem ersten Stück kaute und befürchtete, dass nichts mehr für sie übrig bleibt.

Doreen wedelte plötzlich mit einem dicken Kuvert und grinste ihren Vater an.

»Wer ist denn „Eddy der Lange“?«

»Was!«, zischte er mit vollem Mund und schreckte auf. »Gib das her. «

Während Caroline die Pizzaschachteln entsorgte, starrten die Kinder mit gespannter Erwartung auf ihren Vater, der sich lesend hinter dem mehrseitigen Brief zu verschanzen versuchte.

»Na komm schon, du wirst uns nicht mehr los«, sagte Boris, aber sein Vater schüttelte den Kopf.

»Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatsphäre. «

Doreen lachte gequält: »Das sagt jemand, der meine Tagebücher auswendig kennt. «

Caroline setzte sich zu ihrem Mann.

»Eddy, die Kinder sind alt genug, besser sie erfahren es von dir, als von den Nachbarn. «

»Na gut, dann erzähle ich die ganze Geschichte: In den wilden Achtzigern war ich ein erfolgreicher Schauspieler, das Geld war gut und die Drogen billig — dann habe ich eure Mutter kennengelernt und jetzt sind wir hier.

«

»Und was steht in dem Brief«, fragte Doreen gelangweilt.

»Ich bin als Ehrengast auf einer Pornomesse eingeladen … scheiße! Vergesst das P-Wort, es ist eine Messe … einfach nur eine Messe. So wie sonntags in der Kirche … nur ohne Kirche und Pfarrer. «

»Aber mit richtig geilen Glocken, ding, dong«, alberte Boris und deutete eine unrealistisch große Körbchengröße an.

»Na geil, mein Alter ist ein Pornoheini«, murmelte Doreen und tippte mit ihren schwarz lackierten Fingernägeln auf dem Handy rum.

»Hey, Moment mal«, sagte Edwin, »Damals waren Pornodarsteller angesehene Leute, wir wurden von aller Welt geachtet. Beim Metzger bekam ich immer ein Stück Fleischwurst geschenkt und beim Krämer durfte man sich einen Lutscher aus dem Glas nehmen. Nicht so wie heute, wo sie mit falschen Bärten durch die Innenstadt fahren und keinen Parkplatz mehr bekommen. «

Die Kuckucksuhr schlug dreizehn, obwohl es viel später war.

»Boa, da muss ich ja voll aufpassen, wenn ich mir Pornos aus dem Netz lade — das wäre ein Schock fürs Leben«, sinnierte Boris.

»Meine Filme sind bestimmt nicht im Internet, da bin ich mir ganz sicher«, schnaubte Edwin, und Doreen schaute amüsiert auf. »Ja, weil es wahrscheinlich keinen Adapter von Betamax auf USB gibt. «

Sie nahm sich den Brief und überflog das Schreiben, dabei riss sie die Augen immer weiter auf.

»Dad, hast du kapiert, was da steht?«

»Was?«, fragte Edwin und seine Tochter wedelte aufgeregt mit dem Papier.

»Die Pornofirma, der die Rechte an den Filmen gehörten, in denen du mitgespielt hast, wurde vor zehn Jahren an einen amerikanischen Konzern verkauft. Der Konzern verkraftete den Wechsel auf das DVD — Format nicht. Seine Aktien wurden in Ramschzertifikaten der Lehman Brothers verwurstet. Nach deren Niedergang ist der Wert des Konzerns ins Bodenlose gefallen und er wurde zerschlagen. «

»Kannst du das mit dem DVD — Format noch mal vorlesen?«, fragte Edwin, aber Doreen schüttelte den Kopf und sprach weiter.

»Du hast in 1988 eine Minderheitsbeteiligung an der Pornofirma gekauft und bist der Einzige, der nicht wegen krummer Aktiengeschäfte enteignet wurde. «

»Wäre ja noch schöner«, lachte Edwin in die Runde.

»Dad!«, rief Doreen »Du hältst die Rechte an über dreihundert Pornofilmen!«

»Heißt das, ich kann mir die in der Videothek ausleihen, ohne zu bezahlen?«

»Nein, wohl kaum, aber du solltest auf diese Messe gehen, und dich mit den Treuhändern treffen.

«

*** Der Tag der P-Messe ***

»Manno! Ich bin doch fast achtzehn und ihr habt VIP — Karten. Ich will auch mit!«, maulte Emily, aber ihre Mutter blieb hart — Emily musste zu Hause bleiben.

Am Eingang wurden Caroline, Edwin, Doreen und Boris gebeten, einen Moment zu warten, es würde gleich jemand kommen, der sich um sie kümmerte.

»Hm, hier hat fast jeder eine Kamera dabei, bestimmt sind darunter Fotografen, die nach unentdeckten Talenten Ausschau halten«, sprach Caroline vor sich hin, ohne dass es jemand auffiel.

In dem Moment liefen einige junge Frauen in sehr knappen Dessous durch den Eingangsbereich. Sie kicherten wie kleine Mädchen, warfen den Besuchern heiße Blicke zu und schlenderten problemlos durch die Sicherheitskontrolle. Boris klatschte glücklich in die Hände.

»Jepp, heute gehen alle meine Träume in Erfüllung. Haltet euch fern von mir, wenn wir drin sind; nicht dass ihr mir die Tour vermasselt. «

Doreen blies sich eine Locke aus der Stirn und schüttelte mit dem Kopf.

»Ich glaube nicht, dass man seine Erfüllung findet, wenn an jeder Verheißung ein Preisschild hängt, aber keine Angst Bruderherz: Ich werde mich im eigenen Interesse von dir fernhalten. «

»Ach Herr Wachmann!«, raunte Edwin einem breit gebauten Glatzkopf in einer Lederjacke zu, auf der „Security“ stand.

»Sorgen sie doch bitte dafür, dass die ganzen Autos am Straßenrand weggefahren werden, ich werde nachher mit einem Hubschrauber oder einem Jet abgeholt, der mich in meine neue Firmenzentrale fliegt.

«

»Iss klar«, sagte der Türsteher und blickte wieder in eine andere Richtung.

»Man muss mit den Leuten nur anständig sprechen, dann haben sie auch Respekt vor dem Großkapital«, erklärte Edwin einer imaginären Schar wissbegieriger Schüler.

»Ah, Herr Schlimm mit seiner Familie, oder sollte ich Eddy der Lange sagen?«, eine Blondine in einem verdammt knappen Businessdress und offensiver Kriegsbemalung stellte sich als Trixi vor und war die Einzige, die lachte.

Boris schubste seine Schwester und flüsterte.

»Die kenne ich aus dem Internet, die hat es schon in alle Löcher gleichzeitig bekommen — da war sie aber noch jünger. «

»Danke, ohne diese Info hätte ich den Abend nicht überstanden — Schwachkopf. «

Trixi erfüllte alle Klischees des Genres und versuchte, eine gewisse Verlegenheit in ihrer Rolle als Empfangsdame zu überspielen.

»Die Herren von der Treuhandgesellschaft verspäten sich etwas, sie können gerne auf einen Kaffee im Kongresscenter warten – oder sie genießen die Messe, bis ich sie abhole.

Ach ja: Hier sind die VIP — Karten. «

Die Messe wurde dem Kaffee von allen Beteiligten vorgezogen. Boris stürmte zu der viel beworbenen Liveshow und sah eine Wand aus ausgestreckten Armen, die Handys und Digitalkameras auf die Bühne richteten. Als er doch einen Blick auf das Geschehen erhaschen konnte, sah er zwei Pornosternchen, die sich gegenseitig mit Sprühsahne einrieben. Ein Mann im gesetzten Alter drängte ihn zur Seite, um sein Handy besser ausrichten zu können.

Anstatt sich zu entschuldigen, stammelte er mit feuchten Mundwinkeln.

»Boa, das ist ne geile Schweinerei, oh Mann. «

»Hast wohl kein Internet zu Hause«, murmelte Boris und schaute sich nach neuen Abenteuern um.

Da standen einige Tische mit leicht bekleideten Damen, die Autogramme gaben.

»Hey«, sagte er zu einem der platinblonden Püppchen. »Ich kenne deine Filme, du bist die Geilste — echt.

«

»Was ik soll schreibe?«, fragte sie mit künstlichem Lächeln und nahm sich eine Autogrammkarte.

»Scheiße, die versteht kein Deutsch«, murmelte er und begann seinen Autogrammwunsch zu buchstabieren.

»Ich heiße D. O. O. F. E. N. und mit Nachname A. R. S. C. H. «

Boris bedankte sich und hatte nun eine Autogrammkarte mit der Aufschrift „ von Esmeralda für meinen Doofen Arsch“.

‚Das ist ausbaufähig‘, dachte Boris und ging zum nächsten Tisch.

»Hey, ich kenne alle deine Filme und du bist die Geilste — echt. «

*

Edwin und seine Frau schlenderten ziellos von Stand zu Stand, bis sie von Mister Dildo persönlich angesprochen wurden — das stand zumindest auf seinem T-Shirt.

» … der Grundaufbau ist mit allen Erweiterungsmodulen kompatibel, sie müssen lediglich die CD mit den Treibern einlegen, die Installationsroutine starten und nach der Onlineregistrierung kann es schon losgehen mit der hemmungslosen Freude«

»Wir kommen später noch mal«, versicherte Edwin, der von seiner Frau dezent weitergeschoben wurde.

»Ach, schau mal«, hauchte sie im nächsten Moment und griff nach einer Peitsche. »Das wäre doch auch mal etwas ganz Lustiges … Handschellen haben wir ja schon. «

»Sind sie eher Sub oder Dom orientiert?«, fragte eine harte Frauenstimme hinter den beiden. Eine Dame mit eng geschnürtem Korsett, Latexminirock, Latexstrümpfen und Plateaupumps stand mit eisigem Blick da und wartete auf Antwort.

»Das müsste man mal ausprobieren«, sagte Edwin, während Carolin prüfend über das Korsett strich und sich sofort einen Klaps auf ihren Handrücken einfing.

»Kommen sie nach hinten und nutzen sie das fünfzehnminütige Schnupperangebot. «

*

Doreen schlängelte sich durch einige Kleiderständer und sah eine Auslage mit schwarzen Glanzleggings, wie sie selbst eine unter ihrem Rock trug.

»Hundertzwanzig Euro!«, hauchte sie erschrocken.

»Das ist Qualitätsarbeit«, rief eine Frau mit grau gesträhnten Haaren.

Doreen zeigte auf ihre Beine.

»Meine auch, haben zwanzig Euro gekostet. «

Die Frau stand auf, hob eine der Leggings hoch und präsentierte sie.

»Aber diese sind im Schritt offen, siehst du?«

Doreen stutzte nickend.

»Zwanzig Euro für die Leggings und hundert Euro für eine aufgetrennte Naht, wer ist denn so blöd?«

»Es reicht zum Leben«, raunte die Frau und wendete sich ab, mit der Gewissheit, hier kein Geschäft machen zu können.

Ein paar Stände weiter fand Doreen einen Bereich, der mit erotischer Literatur warb — hier war das Gedränge nicht ganz so groß. Sie griff sich das erste beste Buch und überflog die Seiten, als sie von einem Mann in einem abgewetzten Anzug angesprochen wurde.

»Kann ich dir helfen?«

»Ja, ich suche ein gutes Buch. «

»Du hältst das Beste in den Händen.

«

»Aha«, sagte Doreen, suchte sich eine ruhige Ecke, setzte sich auf den Boden und befasste sich mit der Lektüre. Sie tippte gerade eine Notiz in ihr Handy, als neben ihr ein Pärchen stehen blieb und von dem Buchverkäufer angesprochen wurde. Unweigerlich hatte sie einen privilegierten Blick unter den Minirock der jungen Frau. Zwischen ihren Pobacken leuchtete eine silberne Kugel in allen Farben des Regenbogens. Ein Blick auf die transparente Plastiktüte in ihrer Hand klärte die Sache auf — darin war die Verpackung eines Buttplugs aus Edelstahl „mit Mikroprozessor unterstützter Vibrationssteuerung und einer Multicolor LED als Highlight“.

Jetzt sprach die ausgestopfte Blondine auch noch.

»Mein Freund findet alles was sie schreiben toll und ich tu das auch. «

‚Die hat mehr Rechenleistung im Arsch als im Kopf‘, schoss es Doreen durch den Kopf. Sie verkroch sich lachend hinter dem Buch und stürzte sich in Kapitel zwei, den Autor kannte sie nun ja schon persönlich.

*

»Ich habe alle deine Filme gesehen und du bist die Beste — echt!«

»Das hast du bei den anderen Mädels auch gesagt«, entgegnete der rotblonde Pornoengel mit leichtem, slawischen Akzent.

»Cool, du kannst Deutsch!«

»Glaubst du, du kannst dich auf Kosten der Mädchen lustig machen, nur weil du einen VIP — Ausweis umhängen hast?«

Boris setzte sich lässig auf die Tischkante, hinter der die Rotblonde saß — Vickky stand auf ihren Autogrammkarten.

»Also Vickky, weißt du, warum ich diese tolle VIP — Karte umhängen habe? … weil ich auf der Suche nach Darstellerinnen bin.

Es geht um ein Projekt mit Handlung, nicht so ein zusammenhangloses Gerammel …«

»Sondern um ein zusammenhängendes Gerammel«, lachte Vickky und Boris schnippte mit den Fingern.

»Genau! Und dafür benötige ich Darstellerinnen, die zumindest ansatzweise verständliche Dialoge sprechen können. «

»Bist du befugt?«, fragte Vickky geschäftsmännisch. Boris blickte sich gespielt lässig nach allen Seiten um und nickte mit zusammengekniffenem Auge.

»Jepp, ohne mich geht gar nix.

«

Vickky schaute sich um und steckte die Schutzkappe auf ihren Stift.

»Die nächste Show beginnt gleich, da ist hier nicht viel los. Ich habe hinten ein kleines Zimmer, da kann ich dir ein paar Szenen von mir zeigen. «

Boris` Blick versteinerte, er fixierte einen Punkt unter der Decke und versuchte, das Chaos in seinem Kopf unter Kontrolle zu bringen. Er war es gewohnt, Abfuhren zu bekommen.

Dann traf er auf das unwahrscheinlichste Geschöpf, das man sich für eine Anmache vorstellen konnte, und hatte Erfolg. Er fragte sich, ob er nun der Ring oder der Hobbit sei, dann fand er den Vergleich überzogen und verlor den Faden.

»Hey, gib mir zehn Minuten, wenn es dich nicht überzeugt, geht eben jeder wieder seinen Weg«, schlug Vickky vor. Boris nickte abwesend und wirkte dabei glaubhaft cool.

*

»Ich finde es eigentlich nicht so toll, ihre Stiefel zu lecken«, sagte Edwin und blickte mit verzogenem Gesicht an der Domina empor.

»Gut, dann helfe mir bei deiner Frau, der scheint ihre Behandlung zu gefallen. «

Carolins Hände waren an zwei Haken an der Wand fixiert. Sie war gezwungen, gerade zu stehen, wodurch sich ihre Brüste prall unter der Bluse abzeichneten.

»Natürlich ist das nicht«, zischte die Domina, während sie mit einer dünnen Gerte über die hart abstehenden Knospen rieb und den Anflug eines bittersüßen Lächelns auf Carolins Lippen beobachtete.

»Schau hin Edwin, das ist fantastisch. Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter, dieses Kribbeln in den Nippeln lässt mir ganz woanders die Milch überkochen. «

Edwin streichelte aufmerksam über die Innenseite ihrer Schenkel und ertastete die feuchte Hitze … seine Frau schien zu vibrieren.

»Ja, ja«, hauchte sie und versuchte, ihr Becken gegen seine Hand zu pressen. Edwin enthielt ihr diesen Genuss und zog die Hand immer wieder zurück, bis Caroline an ihren Fesseln rüttelte und auf den Zehenspitzen wippte.

»Bitte, lasst mich doch kommen, ich weiß nicht, was mit mir los ist. «

»Du genießt die Machtlosigkeit und das ausgeliefert sein. Ich glaube, mit dir kann man einiges anstellen«, sagte die Domina und quälte die harten Nippel weiterhin durch den dünnen Stoff der Bluse. »Gleich hinter dem Vorhang drängen sich Scharen von Schaulustigen vorbei, die nur zu gern sehen würden was hier passiert, soll ich den Vorhang zur Seite schieben?«

»Ja, oh Gott! Mir kommt es schon, wenn ich nur daran denke.

«

*

»Das ist alles so flach, so leblos und vorhersehbar«, stöhnte Doreen, stand auf und sprach den scheinbaren Verfasser an.

»Guck mal auf Seite 65, da wird aus Heike plötzlich Giesela … liegt wohl daran, dass du die Szene in der Kellerbar kopiert hast … was macht dein Lektor eigentlich beruflich?«

»Was fällt dir ein, du kleine Göre …«

»Mir fällt eine ganze Menge ein.

Kann es sein, dass deine ultrageile Nymphomanin zum Schluss genau so schlau ist wie am Anfang, im Gegensatz zum Leser, der sich fragt, was der ganze Spuk sollte. Kannst du mir nicht mal im Schlusssatz das Gefühl geben, dass es in deiner Welt so was wie Wärme oder Liebe gibt? „Sie schnäuzte das Sperma in ihr Taschentuch und schlief ein“. Toll, ich beneide diese Frau und jeder Mann wünscht sich so eine. «

»Sei still!«, wimmerte der Autor, »Ich will meinem sinnleeren Leben doch nur eine interessante Fassade vorsetzen.

Ja, ich schreibe von mir selbst ab, einen Lektor kann ich mir nicht leisten, und das Buch bringt doch kaum die Verlagskosten rein. Ich lebe von denen, die den Schund erst erkennen, wenn sie das Buch gekauft haben, und mein Herz labt sich an dem Tausendstel, das mich lobt und selbst davon besteht die Hälfte aus Heuchlern — so ist dieses Business nun mal. «

»Es gibt Ausnahmen …«

Ein hagerer Mann mit solariumgebräunter Haut und billigem Rasierwasser unterbrach Doreen und blickte den Autor mit breitem Grinsen an.

»Hallo, ich bin Nicolai. Ich habe ihr Buch gelesen und möchte einen Film daraus machen. Wir ziehen das ganz groß auf, ich komme billig an ukrainische Laiendarsteller und mir gehört eine Lagerhalle in der Nähe von Kiew. «

Der Autor blickte abwertend zu Doreen.

»Verschwinde, ich habe Kundschaft!«

So leicht gab sich Doreen nicht geschlagen, sie überflog die Cover der ausgestellten Bücher und glaubte recht bald anhand des Titels und der Aufmachung erraten zu können, was der Inhalt hergab.

»Das Gewand der Empfindungen«, las sie mit geneigtem Kopf und griff sich das Büchlein, um in die vertraute Ecke zu verschwinden.

*

Der Vorhang, der die Messehalle von dem improvisierten Folterkeller trennte, wurde langsam zur Seite gezogen. Caroline spürte die fremden Blicke auf ihrem Körper, hilflos und von Lust gezeichnet, stand sie an der Wand und spürte die Gerte ihrer Herrin. Die Schläge auf ihre Brüste waren nicht fest aber zahlreich, und die befremdlichen, stigmatisierenden oder lüsternen Blicke der vorbeikommenden Messebesucher brannten wie Feuer auf ihrem Leib.

Edwin ließ von ihr ab und beobachtete Caroline, als wäre sie eine Fremde — er hatte diesen Gesichtsausdruck noch nie bei seiner Frau gesehen.

Caroline bekam einen Krampf, sie spannte die Pobacken ruckartig an und versuchte, nicht mit den Knien einzuknicken. Sie stöhnte und lachte gleichzeitig, die Anspannung lockerte sich in Kaskaden der Lust. Manche der Schaulustigen klatschten oder gratulierten, andere hielten schamlos mit ihren Handykameras auf die Szene.

Die Domina gab ihr Halt, bis sie wieder auf eigenen wackeligen Beinen stehen konnte.

Als die Lederbänder an ihren Handgelenken gelockert wurden, empfand sie es als Verlust. ‚Jetzt muss ich wieder alleine stehen‘, schoss es ihr durch den Kopf.

Edwin nutzte sie Situation, um sich heimlich an ein Tischchen zu schleichen, auf dem eine Schale mit Visitenkarten der Domina stand. So heimlich wie möglich nahm er eine Karte und ließ sie in seiner Hose verschwinden.

»Ah, da sind sie ja«, freute sich Trixi und steuerte auf Edwin und seine immer noch benommene Frau zu.

»Die Herren sind da und erwarten sie im Kongresscenter … würden sie mir bitte folgen. «

*

Mit den Plateausandalen war Vickky ein kleines Stück größer als Boris, sie schritt mühelos durch den engen Flur hinter der Bühne und führte ihn in einen zwei mal zwei Meter großen Raum, dessen Wände aus Steckelementen bestanden, die kaum zwei Meter hoch waren. Weit über ihm sah er die Decke der Messehalle.

Nebenan unterhielten sich zwei Frauen in einer Sprache, die Boris nicht kannte.

»Ich habe ein paar Szenen auf meinem Handy, es ist ein bisschen klein, aber die Qualität ist gut«, sagte Vickky und ging vor einer Reisetasche in die Hocke. Während sie darin herumkramte, strich sie sich immer wieder ihre langen Haare aus dem Gesicht. Boris schaute von hinten auf sie herab, ihr knackiger Hintern lugte unter dem superkurzen Rock hervor, nur das schmale Band des Tangas teilte den Anblick.

Sie sah so verletzlich und zärtlich aus, es bedurfte sicher vielen Mutes und ein wenig Verzweiflung, diesen Lebensweg einzuschlagen.

Sie stand auf und reichte ihm ein Handy, ihre Fingernägel glänzten im makellosen French-Look, aber ihr Lächeln verschwand.

»Was ist, du siehst so unglücklich aus. «

»Hä«, brachte Boris erschrocken hervor und hätte fast das Handy fallen lassen.

»Ne, alles in Ordnung, ich bin nur konzentriert«, murmelte er und starrte auf das kleine Display.

Er sah Vickky und ein weiteres Mädchen, die sich auf einer sonnenüberfluteten Terrasse einölten und dabei ihre Bikinis abstreiften. Sie tauschten intensive Küsse und streichelten sich gegenseitig.

»Mit dieser Taste kannst du vorspulen. Ich mag es, am Anfang mit einem Mädchen alleine zu sein, aber ich weiß, dass die meisten dabei vorspulen. «

Ungefragt spulte sie weiter, bis ein Mann ins Bild kam, sich Vickky an den Haaren schnappte und ihr seinen harten Schwanz in den Mund schob.

Willig erwiderte sie den Gruß mit heftigen Saugbewegungen.

»Ich mag übrigens auch Lack, Leder und Latex. Mit SM hab ich noch nicht so viel Erfahrung, aber probieren würde ich es«, streute Vickky unbefangen ein, während Boris mit wachsender Abneigung auf das Display starrte. Er hatte solche Szenen schon zu oft gesehen, als dass sie ihn noch wirklich berühren konnten, aber die Tatsache, dass die Darstellerin neben ihm stand, er den Duft ihrer Haare in der Nase hatte und ihr Atem seinen Handrücken streichelte — das brach ihm fast das Herz.

»Du siehst nicht sehr glücklich aus«, platzte es aus Boris heraus.

»Das ist richtige Arbeit, kein Mensch vögelt freiwillig in so einer Stellung … und mit Anal habe ich nicht viel Spaß, bin immer froh, wenn's rum ist. Aber es muss ja sein, heutzutage. «

Boris holte tief Luft und legte das Handy weg.

»Kann ich dich auf `ne Cola einladen … oder irgendwas, was du magst — einfach nur so?«

»Du bist gar kein Filmagent, stimmt's?«

*

Doreen lehnte sich in ihrer Ecke an die kalte Wand der Messehalle, das Buch lag aufgeschlagen auf ihrem Bauch und sie schloss die Augen, um die ersten Seiten Revue passieren zu lassen.

„In der Einsamkeit, umgeben von kalter Nacht und fahlem Sternenglanz, hoch im Turm der Trauer, webten emsige Finger mit unsichtbarem Gespinst. … Ein Gewand, so leicht wie der Flügelschlag des Falters in der Nacht, stark wie Spinnenseide im Herbstwald und listig wie der Fuchs im Winter des Nordens. „

Die traurige Seele musste zweifellos schön sein, nicht üppig, aber anmutig. Der Verfasser verlor kein Wort über ihre Gestalt, aber Doreen sah sie ganz deutlich vor sich: Am Webstuhl sitzend, mit gesenktem Kopf, aber geradem Rücken — getrieben von dem Wunsch nach Erlösung.

„Liebe, Schmerz, Lust, Glück und manch andere Empfindung wurden vereint in einem Geflecht, wie es schon seit Ewigkeiten nicht mehr geschaffen wurde. … Als der Mond zum zehnten Mal in voller Pracht am Himmel stand, legte sie die Hände in den Schoß und betrachtete ihr Werk. … Ein Meer aus Kerzen umringte ihr mit weißen Laken ausgeschlagenes Bett. Nackt schritt sie über den glatten Steinboden und nahm das Gewand mit bebendem Atem.

… wer es nicht besser wusste, hätte angenommen, dass sie sich nackt in ihren Laken wand und selbst der Wissende vermochte nicht zu erraten, ob es Lust oder Qual war, die sie bewegte. „

Doreen holte tief Luft, ihre Knospen zogen sich zusammen und kitzelten unter dem Stoff ihres Shirts. Sie versuchte sich auszumahlen, wie es wohl wäre, solch ein magisches Gewand zu tragen. Alleine diese Fantasie würde sie so manche Nacht beschäftigen — eine schwüle Vorfreude zuckte durch ihr Becken.

Die Vorstellung, ihre Augen öffnen zu müssen, um weiterlesen zu können, ließ sie zögern. Der kommerzgetriebene Schein von Neonröhren wartete nur darauf, in ihren Augen zu brennen. Dennoch wagte sie es und las die ersten Zeilen der nächsten Seite.

„Mit einem Mal öffnete sie sich und rief mit weiten Armen nach den Geistern ihrer Zeit, um sich den Prüfungen hinzugeben. Ihr Becken bebte unter der unsichtbaren Macht, die nun über sie kam.

Glück und Leid spannten einen weiten Bogen, der mehrmals wankte, noch ehe der Morgen graute. „

»Und das war erst der Anfang!«, staunte Doreen und schlug das Buch zu. Der Umschlag war schon sehr abgegriffen, viele Hände hatten es auf vielen Messen genommen und wieder weggelegt. Nicht nur das Buch hatte eine Geschichte zu erzählen, auch seine Substanz zeugte von den vielen Versuchen „entdeckt“ zu werden.

Zwei Euro betrug nun der mehrmals reduzierte Preis und Doreen bezahlte ihn gerne.

»Hey Meister«, rief sie dem jämmerlichen Autor zu und winkte mit dem gerade erstandenen Buch.

»Wenn sie mal Inspiration benötigen — da hinten auf dem Wühltisch liegen noch ein paar Exemplare. «

*

Edwin und Caroline kamen sich in dem großen Konferenzraum verloren vor. Sie starrten auf die Rückseiten von drei Laptops und lauschten dem Gemurmel der Männer, die dahinter saßen.

»Guten Abend Herr und Frau Schlimm, schön, sie endlich persönlich kennenzulernen«, sagte der älteste der drei Männer.

»Sind sie alle Anwälte?«, fragte Edwin nervös und zog den Kopf ein.

»Ähm, ja. Das ist in unserer Branche so üblich. Haben sie ihren Anteilsschein dabei? Wir müssen leider erst die Formalitäten klären. «

Edwin schaute sich unsicher um, während Caroline in ihrer Handtasche kramte und ein Dokument herauszog.

»Wo hast du das her?«, fragte Edwin leise.

»Deine Tochter hat eben wieder einmal mitgedacht. «

»Die Große oder die Kleine?«

»Die Große natürlich. «

»Wir hätten danach aufhören sollen, es ist …«

»Sei still! Die Herren warten doch. «

Caroline reichte das Dokument weiter.

Nach kurzem Gemurmel nickten die drei Anwälte zustimmend.

»Ja, sie sind der rechtmäßige Eigentümer an den Resten der Film-GmbH, die aus dem bankrotten Konzernverbund herausgelöst wurde. Wir haben eine kleine Präsentation vorbereitet, die einen Überblick über die rechtlichen und finanziellen Zustände verschaffen soll. «

Edwin kannte manche der Begriffe, die in der Präsentation vorkamen, aus dem Fernsehen, wenn er beim Zappen aus Versehen auf den Börsennachrichten hängen blieb. Manchmal hörte man auch in den normalen Nachrichten von Bilanzüberschüssen, Abschreibungsfinanzierungen oder Ertragsoptimierung.

Von „schwindenden immateriellen Werten“ hatte er aber noch nie etwas gehört. Er versuchte, sich etwas Wertvolles vorzustellen, das es gar nicht gab, und das zudem auch noch weniger wurde. In seiner Verzweiflung kam ihm ein großer Eisbecher in den Sinn, der in der Sonne stand. Die Eiskugeln bekamen schon einen glasigen Glanz. Es bildeten sich dicke Tropfen, die zäh nach unten flossen und sich mit der Sahne und den Schokoflocken vermischten.

»… alles in Ordnung Herr Schlimm?«

Ihn riss die besorgte Stimme eines Anwalts aus den Gedanken. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich genüsslich über den Handrücken leckte. Wortlos steckte er die Hand in seine Hosentasche und versuchte, möglichst konzentriert auf die Präsentation zu blicken.

Caroline tippte unter dem Tisch so unauffällig wie möglich eine SMS.

Der Anwalt fuhr seufzend fort.

»Abschließend dürfen wir feststellen, dass in dem Unternehmen ein überraschendes Potenzial steckt, wenn sie schnell zuschlagen. «

*

»Eigentlich wollte ich nur mal an einem Shooting für erotische Fotos teilnehmen, um mir eine Kleinigkeit für mein Studium zu verdienen, dann kam ein Angebot für einen Film — da gibt es mehr Geld. Ich mache das noch ein oder zwei Jahre, bis die Leute mein Gesicht nicht mehr sehen wollen, dann habe ich genug gespart, um in aller Ruhe das Studium beenden zu können.

«

Vickky nippte an ihrem Wasser und legte ihre Hand auf Boris` Arm.

»Wo ist eigentlich der freche, selbstbewusste Typ hin, den ich mit in meine Kabine genommen habe?«

»Hm, weiß nicht«, sagte Boris schulterzuckend. Er saß zusammengesunken auf einem Stuhl in der „Erfrischungsoase“, in der man Getränke zu völlig überzogenen Preisen kaufen konnte, und schaute unter den kleinen Tisch.

Direkt neben seinen Turnschuhen schimmerte die makellose Haut von Vickkys Unterschenkeln.

Ihre nackten Füße steckten in echten „Fick-mich-Schuhen“; Sandalen mit transparenter Plateausohle und verdammt hohen Absätzen. Boris träumte seit Langem davon, einmal eine richtige Freundin zu haben, mit der er solche Sachen ausprobieren konnte. Mit den Tussis, die er bis jetzt hatte, war an so etwas nicht zu denken.

Der Anblick war zum Heulen geil.

‚Raff dich auf, gib dir einen Ruck und versuche, das Bestmögliche aus der Gelegenheit zu machen‘, sagte eine Stimme in ihm.

Eine andere riet ihm davon ab.

»Ich fand es schön, dass du mich nicht angegrapscht hast, manche Kerle denken echt, ich bin `ne billige Nutte, nur weil ich es vor einer laufenden Kamera treibe. Es ist verdammt schwer, einfach mal jemand zum Reden zu finden, wenn man wochenlang unterwegs ist. «

»Verstehe«, flüsterte Boris und blickte ihr in die Augen, sie schien nur darauf gewartet zu haben.

Die Situation löste sich auf, als ein Mann in einem abgewetzten Anzug am Nachbartisch begann, laut in sein Handy zu schreien, um den Lärm der Messe zu übertönen.

»Ja Nicolai, ich bin es noch mal. Es geht um das Drehbuch; mir ist da noch eine Änderung eingefallen. Es geht um einen Mantel oder so etwas Ähnliches, der geil macht. … Was weiß ich, die Alte zieht das Teil an und wird halt geil, ist doch egal warum … nein, mir geht es gut, ich will der Handlung nur etwas Tiefe geben … hmm, verstehe: zu aufwendig, versteht keiner … Scheiße, naja egal — wann bekomme ich die Kohle für mein Buch?«

Vickky grinste.

»Pornoautoren sind die ärmsten Schweine der ganzen Branche. Entweder der Film hat gar keine Handlung, oder die Handlung passt auf ein paar Seiten. Und überhaupt, wer will schon einen Porno lesen, wenn es das als Film gibt — vor allem mit so tollen Darstellerinnen wie mich?«

Boris zog die Augenbrauen skeptisch hoch. Ein Stich ging durch seine Brust; er wollte sich nicht vorstellen, wie dieses hübsche Mädchen in einem Porno durchgefickt wird.

‚Wenn ich eine eigene Wohnung und einen geilen Job hätte, würde ich dich da rausholen‘, dachte er mit starrer Miene.

Vickkys strahlender Gesichtsausdruck verblasste.

»Was ist los mit dir? Bist du sauer, weil ich dir keinen geblasen habe? Weil ich dir nicht meinen Arsch hinhalte oder brav darum bettele, dass du mir ins Gesicht wichst? Oder sind dir meine Titten zu klein?«

Er kam nicht zu Wort, Vickky stand auf und verabschiedete sich mit einem verachtenden Blick.

Boris schürzte die Lippen und starrte auf seinen 0,25er Plastikbecher mit Cola im Wert von vier Euro.

»Dafür bekomme ich in der Realität über drei Liter — das ist doch alles Beschiss hier!«

*

Carolines SMS erreichte ihre Tochter gerade noch rechtzeitig. Doreen tauchte elegant unter Trixis wild fuchtelnden Armen hindurch und stürmte das Konferenzzimmer.

»Dad! Unterschreibe das nicht, die wollen dich übers Ohr hauen!«

»Das ist eine haltlose Unterstellung«, empörte sich einer der Anwälte.

»Ja, woher willst du das wissen?«, setzte Edwin nach, der den vorgefertigten Vertrag zum Unterschreiben vorliegen hatte. Doreen war außer Atem und wedelte sich Luft zu, bevor sie sprach.

»Mama hat mich informiert, dass der Laden nichts mehr wert ist und dann fiel mir ein, dass du dich nur als stiller Teilhaber eingekauft hattest, du hast kein Mitspracherecht bei Unternehmerentscheidungen und bist somit auch nicht haftbar.

«

Doreen schlüpfte wieder in ihre Pumps, die sie für den Spurt zum Kongresscenter ausgezogen hatte, stellte sich neben ihren Vater und zerriss den Vertrag.

»Die suchen doch nur einen Sündenbock, dem sie das drohende Insolvenzverfahren unterschieben können. «

*

Wenig später saß die ganze Familie Schlimm im Auto auf dem Weg nach Hause.

»Diese Branche hat sich sehr zum Nachteil entwickelt«, sinnierte Edwin, »Früher galt ein Wort und ein Handschlag war Gesetz: Wir waren Ehrenmänner — allesamt.

«

Doreen saß hinten neben ihrem Bruder und rollte die Augen, dabei fiel ihr auf, dass Boris ungewöhnlich ruhig und verschlossen dasaß.

»Wass`n mit dir los?«, fragte sie ihren Bruder.

»Ich weiß jetzt, wie sich diese Hobbits mit dem Ring gefühlt haben; man will es die ganze Zeit ausprobieren, obwohl man weiß, dass es nicht gut ist. Andererseits könnte es auch total geil werden … naja, ich habe der Versuchung widerstanden — das ist gut … aber ich bin nicht glücklich.

Verstehst du?«

Doreen wickelte sich eine Strähne um ihren Zeigefinger und zeigte Boris mit dieser Geste indirekt einen Vogel.

»Du wirst den Betriebssystemen von Microsoft immer ähnlicher; keine Sau versteht die Fehlermeldungen und je weniger man darauf eingeht, desto weniger Ärger hat man. «

Sie zog das abgewetzte Buch aus ihrer Handtasche und seufzte:

»Ich habe heute einen Schatz gefunden, von dem ich mich gerne verführen lasse.

«.

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